Lidl – der Multi-Channel-Händler unter den Discountern?

Lidl

Als zweitumsatzstärkster Discounter nach Aldi[1] betreibt Lidl deutschlandweit 1.184 Filialen[2] und seit 2008 auch einen eigenen Onlineshop[3]. Wie gestaltet sich die Multi-Channel-Strategie von Lidl? Diese Frage soll der folgende Blogbeitrag beantworten.

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Abbildung 1: Daten und Fakten der Lidl Stiftung & Co. KG

Der 1973[4] gegründete Discounter gehört der Schwarz Beteiligungs GmbH[5] an und verzeichnete im Geschäftsjahr 2015/16 Mitarbeiterzahlen in Deutschland von über 130.000[6]. Die größten Wettbewerber von Lidl sind Aldi, Netto, Penny und Norma. Mit einem Jahresumsatz von 22.488 Mio. € im Geschäftsjahr 2016 gehört Lidl damit zu den führenden Discountern Deutschlands. So ist es nicht verwunderlich, dass Lidl auch international den Lebensmittelhandel vorantreibt. In Europa besitzt er bereits über 10.000 Filialen und ist im Juli 2017 mit prominenter Unterstützung von Heidi Klum in den US-Markt eingestiegen.[7]

Marketing-Mix

Der Marketing-Mix gestaltet sich aus Product, Price, Promotion und Place. Anhand dieser Elemente wird im Folgenden das Geschäftsmodell von Lidl analysiert.

Product: Lidl setzt bei seiner Sortimentsgestaltung auf eine bedarfsorientierte Zusammenfassung (z. B. Schulutensilien) und orientiert sich an Erlebnisbereichen (z. B. Silvesterabend).

Price: In der Preisgestaltung fährt Lidl sowohl eine High-Low-Strategie (Unterscheidung von Normal- und Sonderangebotsphasen) im Non-Food-Sortiment als auch eine „EDPL“-Strategie (Every Day Low Price = konstantes Preisniveau) im Food-Sortiment. Zwischen den Kanälen findet keine sichtbare Preisdifferenzierung statt.

Promotion: Mit Werbeausgaben von 279, 73 Mio. im Jahr 2017[8] investierte Lidl viel Geld in Werbung in Form von Prospekten, TV- und Radiospots und Social Media. Das soziale Netzwerk Facebook verzeichnet 4,5 Mio. Follower (Stand: Januar 2018). Mit YouTube-Videos wie „LI LD Land“ gewinnt Lidl regelmäßig an Viralität.

Place: Im Stationärhandel profitiert Lidl von seinem stark ausgebauten Filialnetzwerk. Zudem eröffnet der Discounter unregelmäßig Pop-up-Stores in Europa. Beim Distanzhandel setzt er auf seinen Onlineshop, die App und die unterschiedliche Prospekten.

Kanalübersicht

Lidl ist sowohl im Stationärhandel als auch im Distanzhandel präsent. Nachfolgend werden beide Vertriebswege und deren einzelne Kanäle beleuchtet.

Stationärhandel: Der Stationärhandel ist wohl die bekannteste Vertriebsform von Lidl. Dabei ist zwischen dem Filialgeschäft und Pop-up-Stores zu unterscheiden. Das Filialnetzwerk besteht in 27 europäischen Ländern[9] und ist seit Kurzem auch an der Ostküse der USA vertreten. Im September 2016 eröffnete Lidl für zehn Tage am Neuen Wall in Hamburg zwischen Luxuslabels wie Louis Vuitton und Gucci einen Pop-up-Store für seine Eigenmarke „esmara“.[10] Des Weiteren war er mit seinem „RockShop“ im Sommer 2014 auf dem Hurricane vertreten. Dort vertrieb er Lebensmittel, Haushalts- und Drogerieprodukte.[11] Eine andere Art des Pop-up-Stores befand sich 2016 in Bulgarien. Im Rahmen des „festival for contemporary design and visual culture“ eröffnete Lidl eine Design Library, die sich auf Design Bücher spezialisierte.[12]

Distanzhandel: Als Multi-Channel-Händler bietet Lidl im Distanzhandel seinen Kunden einen Onlineshop, eine App und Prospekte. Der Onlineshop besteht seit 2008 und ist als responsive Website verfügbar. Es werden lediglich Non-Food Artikel aus dem Filialsortiment und „Online-Only“-Artikel sowie Wein und Spirituosen angeboten. Um das Food-Sortiment dennoch zu bewerben, wird der Filialfinder prominent platziert. Die App ist ebenso wie der Onlineshop in allen 27 europäischen Ländern verfügbar und bietet neben einem integrieten Onlineshop auch digitalisierte Prospekte, einen Filialfinder und eine „Snap‘n Buy“-Funktion an. Letztere dient dazu, Produkte aus den Prospekten abzufotografieren, damit sie in der App angezeigt und gekauft werden können. Ein altbekanntes Werbemittel von Lidl ist das Prospekt, das sowohl in den Filialen als auch online verfügbar ist. In den unterschiedlichen Prospekten werden wöchentlich neue Angebote veröffentlicht.

Handelspositionierung von Lidl

Zur Betrachtung von Lidl im Wettbewerbsumfeld dient die Handelspositionierung als sinnvolles Werkzeug. Die Ausprägungen der einzelnen Differenzierungsfaktoren werden durch die folgende Abbildung veranschaulicht, wobei die Matrix der Handelspositionierung angelehnt ist an Finne und Sivonen aus dem Jahre 2009 (Vgl. Abbildung 2). Die Zuordnung der einzelnen Punkte sagt aus, je dichter der jeweilige Punkt am Mittelpunkt zu verorten ist, desto geringer ist die Ausprägung. Der Preis ist gesondert zu betrachten, indem das Preisempfinden im Lebensmitteleinzelhandel als Beurteilungsgrundlage dient. Je dichter der Punkt am Mittelpunkt ist, desto teurer sind die angebotenen Preise.

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Abbildung 2: Handelspositionierung der Lidl Stiftung & Co. KG, in Anlehnung an S. Finne und H. Sivonen, The Retail Value Chain (2009) S.84

Preis: Lidl versucht, typisch für einen Discounter, die Kunden durch eine günstige Preisgestaltung für sich zu gewinnen. Die Preisgestaltung ist online sowie offline einheitlich umgesetzt. Aufgrund  einer Umfrage, welche die typischen Eigenschaften von Lidl abfragt, ist die Ausprägung des Preises im oberen Preissegment anzuordnen. 65 % der 1010 Befragten gaben die preisgünstigen Produkte als Eigenschaft an.

Sortimentsbreite: Das Sortiment ist klassifizierbar in Food & Non-Food Artikel. Das Food-Sortiment verfügt über ein Standardsortiment und wird durch zeitlich limitierte Artikel ergänzt. Das Non-Food-Sortiment dient online besonders zur sinnvollen Sortimentserweiterung und verfügt zudem über Dienstleistungsangebote. Die Unterschiede bezüglich des Stationär- und Distanzhandels bewirken eine mittlere Ausprägung.

Sortimentstiefe: Der Kunde kann generell zwischen der Handels- & Herstellermarke wählen. Dies zeichnet Lidl aus, da ein Discounter typischerweise über eine begrenzte Sortimentstiefe und -breite verfügt. Diese Aspekte begründen die oben vorgenommene Zuordnung.

Sortimentsaktualisierung: Lidl weist eine hohe Sortimentsaktualisierung auf, da mindestens drei Angebotsanstöße pro Woche erfolgen. Der gebotene Neuigkeitswert bewirkt, dass der Kunde kontinuierlich bespielt wird, zum Vorteil für die Besuchsfrequenz. Die Ausprägung wäre im Falle einer kompletten Sortimentsüberholung maximal. Aufgrund partieller Sortimentsaktualisierung ist eine mittlere Einordnung treffend.

Standorte/Kanäle: Lidl zeigt Präsenz auf allen Vertriebswegen. Besonders das stark ausgebaute Filialnetzwerk, deckt die Standortvarianten Zentrum und Stadtrandlage ab. Als einziges Defizit ist zu nennen, dass kein Online-Erwerb der Lebensmittel möglich ist. Dies hat Lidl bereits erkannt, indem er mit einem Konzept einer Click & Collect-Lösung in den Markt einsteigen wollte. Bei diesem hätte der Kunde die Lebensmittel online auswählen und in die Filiale liefern lassen können.[13] Die Ausprägung weist somit nur fast Maximalausprägung auf.

Einkaufserlebnis: Das Einkaufserlebnis ist konsistent über alle Kanäle hinweg umgesetzt. Dies zeigt sich u.a. darin, dass das Filialangebot identisch ist. Die Zuordnung ergibt sich daraus, dass Unterschiede zwischen den neuen und alten Filialen bestehen. Der Onlineshop zeichnet sich durch eine einfache Handhabung aus, allerdings weist dieser keine Begeisterungsmerkmale auf.

Ergänzende Dienstleistungen: Als ergänzende Dienstleistung wird dem Kunden, neben den gängigen Zahlungsmethoden, der Ratenkauf angeboten. Aufgrund der Tatsache, dass dem Kunden keine weiteren Dienstleistungen angeboten werden, ist die Ausprägung als gering einzustufen.

Hilfestellungen/AGB/Mitarbeiter: Allgemein zeigt sich der Discounter im Umgang mit Hilfestellungen, AGB und Mitarbeitern sehr engagiert. Zahlreiche Informationen sind für den Kunden jederzeit online als „Hilfe zur Selbsthilfe“ abrufbar. Auch beim Thema Versand zeigt er sich kulant, eine Rückgabefrist von 90 Tagen sowie eine kostenlose Rückgabe werden dem Kunden offeriert. Leistungsmerkmale sind gegeben, welche aber vielmehr als Hygienefaktoren anzusehen sind, sodass eine mittlere Zuordnung passend ist.  

Fazit

Zusammenfassend fährt Lidl europaweit eine Ein-Lead-Kanalstrategie, bei der der Fokus auf dem Filialnetzwerk liegt. Daneben bestehen der Onlineshop, die App und Prospekte als begleitende Medien.

Die Multi-Channel-Strategie weist einige Defizite auf, wie die fehlende Verfügbarkeit des Food-Sortimentes im Onlineshop und der Tatsache, dass sich online gekaufte Produkte nicht offline umtauschen lassen. Nichtsdestotrotz besteht eine Vielzahl an Multi-Channel-Werkzeugen, die bereits erfolgreich eingesetzt werden. Zu diesen Werkzeugen zählen der Filialfinder, die „Snap ‚n Buy“-Funktion, die sinnvolle Sortimentserweiterung im Onlineshop sowie zahlreiche Hinweise zwischen den Kanälen.

Mit Ausgleich der aufgezeigten Defizite kann Lidl zukünftig eine langfristige Multi-Channel-Vernetzung umsetzen.

Literaturverzeichnis

[1] Vgl. Lebensmittelzeitung. (03 2017). Bruttoumsatz der führenden Discounter in Deutschland im Jahr 2016 (in Millionen Euro). Abgerufen am 28. 12 2017 von Statista: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/199568/umfrage/discounter-in-deutschland-nach-bruttoumsatz/

[2] Vgl. TradeDimensions, & Lebensmittelzeitung. (13. 05 2016). Anzahl der Filialen der führenden Lebensmittel-Discounter in Deutschland von April 2014 bis April 2016. Abgerufen am 28. 12 2017 von Statista: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/222064/umfrage/anzahl-der-filialen-der-groessten-discounter-in-deutschland-im-jahresvergleich/

[3] Vgl. Lidl Digital International GmbH & Co. KG. (2018). Unternehmen. Abgerufen am 28. 12 2017 von lidl.de: https://www.lidl.de/de/geschichte/s1243

[4] Vgl. Lidl Digital International GmbH & Co. KG. (2018). Unternehmen. Abgerufen am 28. 12 2017 von lidl.de: https://www.lidl.de/de/geschichte/s1243

[5] Vgl. Schwarz Dienstleistung. (2018). Abgerufen am 28. 12 2017 von https://jobs.schwarz/content/Arbeiten-bei-Schwarz/?locale=de_DE

[6] Vgl. Lidl. (03 2017). Anzahl der Mitarbeiter von Lidl in Deutschland in den Geschäftsjahren 2008/2009 bis 2015/2016. Abgerufen am 28. 12 2017 von Statista: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/235943/umfrage/mitarbeiterzahlen-der-lidl-stiftung-und-co-kg/

[7] Vgl. Lidl Digital International GmbH & Co. KG. (2018). Filialen im Ausland. Abgerufen am 28. 12 2017 von Lidl.de: https://www.lidl.de/de/filialen-im-ausland/s1061

[8] Vgl. Nielsen. (12 2017). Ranking der Top 20-Werbungtreibenden in Deutschland von Januar bis November 2017 (in Millionen Euro). Abgerufen am 10. 01 2018 von Statista: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/167001/umfrage/werbetreibende-mit-den-hoechsten-ausgaben-fuer-werbung/

[9] Vgl. Lidl Digital International GmbH & Co. KG. (2018). Filialen im Ausland. Abgerufen am 28. 12 2017 von Lidl.de: https://www.lidl.de/de/filialen-im-ausland/s1061

[10] Vgl. Hoffmann, M. (08. 09 2016). Lidl kann auch edl. Abgerufen am 28. 12 2017 von manager magazin: http://www.manager-magazin.de/unternehmen/handel/lidl-pop-up-store-am-neuen-wall-in-hamburg-a-1111444.html

[11] Vgl. FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH . (14. 05 2014). ROCK-BANDS, ROCK-MUSIK, ROCK-FESTIVAL, ROCKSHOP! Abgerufen am 28. 12 2017 von hurricane.de: https://www.hurricane.de/de/infos/news/lidl/

[12] Vgl. Boom, J. v. (23. 06 2016). Lidl’s Pop-Up Design Library. Abgerufen am 28. 12 2017 von Pop Up City: http://popupcity.net/lidls-pop-up-design-library/

[13] Vgl. Schader, P. (17. 02 2017). Überraschende Wende: Lidl legt sein Express-Konzept auf Eis. Abgerufen am 28. 12 2017 von Supermarktblog.de: https://www.supermarktblog.com/2017/02/16/uberraschende-wende-lidl-legt-sein-express-konzept-auf-eis/

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