Plus Programm: Amazon wird der kostenlose Versand zu teuer

Weihnachtszeit ist Geschenkezeit. Und was tut man da wie mindestens 20 Millionen andere Deutsche in diesem Dezember? Richtig, bei Amazon nach Geschenken für Familie und Freunde suchen. So wie auch ich gestern. Geschenk und Beschenkter werden natürlich nicht verraten, da das Ganze ja weiterhin eine Überraschung bleiben soll. 🙂 Aber um diese Überraschung soll es hier auch nicht gehen, sondern um eine andere, die sich beim Durchstöbern des Amazon-Sortiments auftat…

Amazon Plus Programm Logo
Amazon Plus Programm

Was war passiert? An einem der Produkte entdeckte ich in der Übersichtsseite der Suchergebnisse neben dem Preis ein kleines Symbol. Nein, nicht das schon seit geraumer Zeit bekannte Amazon Prime Symbol Symbol. Für alle, die keine regelmäßigen Kunden des größten deutschen Online-Händlers sind, sei kurz erläutert: Selbiges verweist darauf, dass dieses Produkt über Amazon Prime verfügbar ist. Dies bedeutet, dass der Artikel entweder direkt von Amazon verkauft und versendet wird oder aber über einen Drittanbieter des Marketplace verkauft wird, der seine Produkte über Amazon versendet. In beiden Fällen genießen dabei Kunden, die eine kostenpflichtige Prime-Mitgliedschaft für 29 EUR im Jahr abgeschlossen haben, einige Vorteile. Das ist neben einer Vergünstigung auf den Expressversand vor allem der kostenlose Standard- und Premiumversand. Das bedeutet – und genau dies ist der Knackpunkt – einen Wegfall der 20 Euro Grenze für die Versandkostenfreiheit. Man bezahlt als Amazon Prime Mitglied also bereits ab einem Bestellwert von einem Cent keine Versandkosten und bekommt darüber hinaus noch die Zustellung am folgenden Werktag garantiert.

Dass dies für den Kunden zwar eine nette Sache ist, für den Händler aber schnell zu einem Verlustgeschäft werden kann, ist vermutlich jedem halbwegs E-Commerce affinen Leser klar. Bestellt der Kunde nur einen geringpreisigen Artikel im Wert von unter fünf Euro, fressen die anfallenden Porto- und Verpackungskosten den möglichen Gewinn auf und übersteigen diesen vermutlich noch deutlich. Für den Händler bedeutet dies also: Kosten statt Gewinn.

Amazon schien dies bisher nichts auszumachen. Vermutlich konnten die 29 EUR Jahresgebühr und der Umstand, dass ein Amazon Prime Mitglied auch mehr höherpreisige Bestellungen auslöst, diese Kosten bislang decken und den Kundenwert wieder in’s Positive ziehen. Bis vor kurzem wie es scheint.

Denn was ich entdeckte, war ein Plus Produkt Symbol neben dem Preis eines Produkts, das über Amazon für 4,98 EUR angeboten wurde. Verwundert über dieses mir nicht bekannte Icon und voller Hoffnung auf einen neuen tollen Service durch den vielversprechenden Titel „Plus Programm“ öffnete ich die zugehörige Produktdetailseite. Dort war dann folgender Text zu lesen und das so nett klingende Amazon Plus Programm entpuppt sich bei genauerem Hinsehen eher als ein Amazon Minus Programm.

Hinweis Amazon Plus Programm
Hinweistext zum Amazon Plus Programm

Eines muss man Amazon ja lassen: Der beauftragte Texter hat es tatsächlich geschafft, dieser Einschränkung des eigenen Serviceangebots einen positiven Anstrich zu verleihen. Aber natürlich wird einem schnell klar, dass Amazon den Artikel nicht „dank des neuen Plus Programmes“ überhaupt im Sortiment hat, sondern ihn mit ziemlicher Sicherheit sowieso anbieten würde und ihn nur „dank des neuen Plus Programmes“ nicht mehr für Amazon Prime zum kostenlosen Versand anbieten kann.

Aber der Reihe  nach… Was das Plus Programm beinhaltet schreibt Amazon auf einer eigens dafür eingerichteten Seite in der Hilfe. Der Kern des Ganzen ist schnell erklärt: Alle als „Plus Produkte“ gekennzeichneten Artikel unterliegen einem Mindestbestellwert von 20 EUR. Das bedeutet, dass ein solches Produkt erst dann bestellt werden kann, wenn der Warenkorb mehrere Artikel im Gesamtwert von mindestens 20 EUR umfasst. Marktplatzartikel sind ausgenommen, sofern sie nicht über „Versand durch Amazon“ angeboten werden. Diese Einschränkung ist nicht zu verwechseln mit der Versandkostenfreiheit ab 20 EUR! Denn normale Produkte können ja auch bereits bei einem geringen Wert einzeln bestellt werden, nur kommen dann zum eigentlichen Preis noch die Versandkosten hinzu. Diese Möglichkeit gibt es bei Plus Produkten nicht.

Ein Plus Produkt zu erkennen ist nicht schwer. Amazon verweist bereits auf der Produktübersicht mit dem oben zu sehenden Symbol darauf und bringt zudem in der Produktdetailansicht einen deutlich sichtbaren Hinweis oberhalb des Warenkorb-Buttons an.

Amazon Plus Produkt
Restriktion von Amazon Plus Produkten

Wann ein Produkt als Plus Produkt eingestuft wird, verschweigt Amazon aber bislang. Verkäufer, die ihre Waren über den Marketplace anbieten, beklagen sich aber bereits über das neue System und liefern einige interessante Informationen. So berichtet eine Anbieterin, dass eines ihrer Produkte von Amazon automatisch zum Plus Produkt gemacht wird, sobald ein Preis unter 5 EUR eingestellt wird. Die Grenze scheint also bei 5 EUR zu liegen. Besonders ärgerlich war neben diesem Umstand und den damit zu erwartenden Umsatzeinbußen für die Anbieterin aber vor allem, dass ein Konkurrent den Artikel weiterhin ohne das Plus Programm zu einem Preis von 3,95 EUR anbieten konnte. Und das obwohl – so ihre Aussage –  beide Fulfillment by Amazon (FBA) nutzen und Produktmaße und Gewicht identisch waren. Das verzerrt natürlich den Wettbewerb und bestätigt den Eindruck, dass das Plus Programm bisher nur für einen sehr kleinen Teil des Sortiments ausgerollt wurde. Zudem scheint es das Programm vorerst nur in Deutschland zu geben, auf Amazon.com konnte ich etwas Derartiges nicht finden.

Besonderer Ärger macht sich aber nicht nur bei den Verkäufern breit, auch die Kunden sind naturgemäß wenig begeistert von dieser Maßnahme. Für den gewöhnlichen Amazon Kunden ändert sich zunächst nicht viel, da die meisten vermutlich ohnehin erst ab einem Warenkorbwert von 20 EUR bestellt haben, um die Versandkosten zu sparen. Da ist die Einschränkung, dass es darunter auch gar nicht möglich ist, durchaus zu verschmerzen. Vor den Kopf gestoßen fühlen sich allerdings alle Amazon Prime Mitglieder, die diesen Einzelversand zuvor umsonst erhalten haben und ihn nun nicht mal mehr durch Zahlung einer Versandgebühr bekommen können. Und dies wird neben dem schnelleren Versand für viele der Hauptgrund der 29 EUR teuren Jahresmitgliedschaft gewesen sein. Darüber hinaus sind für den Kunden die Kriterien für ein Plus Produkt bislang nicht nachvollziehbar und deren Auswahl erscheint willkürlich. So stellt man fest, dass ein mit einem Plus Produkt vergleichbares Produkt vom selben Hersteller mit nahezu dem gleichen Preis nicht unter das Plus Programm fällt – obwohl sein Nachbar in der Trefferliste der Suche es eben tut.

Durchstöbern von Amazon.de
Plus- und Nicht-Plus-Produkte auf Amazon.de

Das Plus Programm wurde von Amazon bislang, was ja nach näherer Betrachtung der Konsequenzen auch wenig überraschend ist, nicht sehr offensiv vermarktet. Man scheint es eher still und leise einführen zu wollen, um größere Proteste zu vermeiden. Dies ist auch bisher gut gelungen, denn obwohl es scheinbar bereits seit Ende Oktober live ist, ist das Medienecho bis heute vollständig ausgeblieben.

„Der Einzelversand von Produkten unter 5 EUR ist nicht wirtschaftlich.“

Die Gründe für das Plus Programm kommuniziert Amazon hingegen sehr direkt: Auf den Produktseiten der Plus Produkte ist zu lesen „ein Einzelversand wäre sonst nicht wirtschaftlich“. Wie oben beschrieben, ist dieser Grund durchaus nachvollziehbar, wenig verwunderlich und aus Sicht von Amazon ist ein solcher Schritt natürlich auch durchaus legitim. Positiv anzumerken ist zudem, dass ein gebündelter Versand die Anzahl der verschickten Pakete deutlich reduzieren wird, was die Logistikdienstleister wie DHL oder Hermes, die gerade kräftig am Aufschwung des Onlinehandels mitverdienen, zwar weniger in Euphorie versetzen dürfte, der Umwelt aber durchaus zu Gute kommen sollte. Möglicherweise verbessert sich dann auch wieder die Qualität der Verpackungen von Amazon, die – so mein subjektives Empfinden – in der letzten Zeit gerade bei solchen Einzelbestellungen deutlich abgenommen hat. Denn nicht nur einmal bekam ich ein lediglich in einer Pappe eingewickeltes Päckchen, deren Inhalt auf Grund zu geringer Polsterung beim Transport Schaden genommen hatte.

Etwas nachdenklich lässt einen dieses Plus bzw. Minus Programm aber dennoch zurück. Ist Amazon wirklich nicht in der Lage, Artikel mit einem Preis von um die 5 EUR bei einem kostenlosen Versand kostendeckend anzubieten? Bisher war es doch neben dem ausgeklügelten Empfehlungssystem gerade auch die exzellente Logistik, für die Experten Amazon fortlaufend loben. Sollten da nicht die Prozesse so effizient sein, dass auch einzelne Artikel weiterhin zu den bewährten Konditionen und ohne einen zwingend vorgeschriebenen Mindestbestellwert bestellt werden können? Und viel erschreckender die Frage: Wenn Amazon es als Branchenführer mit einer Vielzahl von eigenen Logistikzentren nicht kann, wer soll es dann jemals in mittelfristiger Zukunft können? Müssen wir Kunden (nicht nur bei Amazon) uns also auf längere Sicht erstmal vom Gedanken des kostenfreien Versands für geringwertige Artikel verabschieden? Die genaue Analyse überlasse ich gerne Experten wie Jochen Krisch oder Alexander Graf. Gerne diskutiere ich aber mit Ihnen und Euch über die Zukunft der Versandkostenmodelle.

46 Replies to “Plus Programm: Amazon wird der kostenlose Versand zu teuer

  1. Dadurch, dass Prime mit 4 „Familienmitgliedern“ teilbar ist, wird natürlich auch die Einnahme von Gebühren geteilt (das hast du bei dem Artikel nicht erwähnt). Also kann Amazon vielleicht nicht aus 29€ pro Person „schöpfen“, sondern muss sich mit wenigen Euros abfinden.
    Ein weiteres Problem ist ja die Auslieferung, die bei vielen Kunden verspätet ankommt und nicht mehr zu 100% am nächsten Tag (wenn dies in der Bestellung so aufgeführt ist). Früher wurden meine Prime Pakete öfter als „Express“ versandt, heute nicht mehr so oft.

  2. Cooler Beitrag Benjamin. Weiter so! Das Logistikthema ist mE sehr komplex und muss mit etwas Vorlauf betrachtet werden. Bis Anfang der 2000er Jahre konnte man als Händler mit Logistik noch Geld verdienen. Bei 5€ Versandkosten, waren 1-2€ Marge drin. Amazon hat dieses Modell vernichtet und zwingt Händler nun in seinem Preiswettbewerb. Ab dem Zeitpunkt an dem Amazon eine ausreichend gute Marktposition (Monopol) aufgebaut hat in der ein Wettbewerb mit den Versandkosten aufgeweicht werden kann, macht es betriebswirtschaftlich Sinn dieses Gratisangebot zurückzufahren. Der Effekt auf den Marktanteil ist gleich Null. Genau das scheint nun zu passieren.

      1. Einen A/B Vergleich wird es hier kaum geben (wie auch?) und die normalen Studien beißen sich ja schon bei viel einfacheren Themen die Zähne aus. Insofern dahingerotzt bis es jemand nachvollziehbar widerlegen kann lieber rotzer.

        1. Das ist natürlich wissenschaftlich einwandfrei eine Behauptung aufzustellen die man durch nichts belegen kann und dann von anderen zu verlangen diesen Mist zu widerlegen. Was nen Witz…

  3. Beim Verbraucher hat sich schon seit Jahren ein ‚Kostenlos-Mentalitaet‘ durchgesetzt und Amazon sowie andere Preis- und Profitvernichter waren munter daran beteiligt. Kostenloser Warenversand, Kostenloses Gehaltskonto, kostenlose Internetzeitung, zinloser Verbraucherkredit …

    Das das auf die Dauer nicht funktionieren kann ist doch klar!

    Jetzt ist der Wert einer Ware sowie jeglicher Dienstleistung im Kopf des Kunden komplett zerstoert und alle bekommen Margenprobleme. Auch Amazon, Media Markt und Co.

  4. Richtig, der Texter von Amazon ist sicherlich sein Geld wert. Das ändert allerdings nichts an der Kernaussage. Und diese Botschaft ist negativ für die Amazon-Nutzer.

    Offensichtlich, hält Amazon aber den überwiegenden Teil seiner Kunden für dumm. Anstelle mittels klarer Worte, wird „verschlüsselt“ kommuniziert. So „verkauft“ man eine Einschränkung sogar noch als Vorteilspaket. „Vorsicht Shitstorm in Anzug“, kann man da nur sagen.

    1. Mit diesem Schritt und der nicht sehr schlauen Idee das ganze auch noch als „Plus“ zu verkaufen stößt man doch gerade die Prime-Kunden vor den Kopf, die sich aufgrund einer Vielzahl an Bestellungen von den Standard-Kunden die zwei, drei Mal im Jahr dort bestellen abheben.

      Es wäre doch ein leichtes gewesen das ganze unser dem Aspekt der Umweltfreundlichkeit zu verkaufen.

  5. Man kann die Handlung von Amazon nachvollziehen, da es mehrere klassische Versandhäuser gibt, die eine Untergrenze besitzen, die überhaupt eine Bestellung zulassen.

    Ebenfalls verlangen einige Pizza-Bring-Servies einen Mindestbestellung von z.B. 8 Euro.

  6. Danke Benjamin für den Artikel. Bei vielem gebe ich dir recht, wie. z.B. der Qualität des Amazon-Texters…. Allerdings der letzte Absatz und die damit verbundene Frage macht mich ein wenig stutzig. Jeder der einigermaßen kalkulieren kann, sollte sich im klaren sein, dass dies nicht machbar ist!

    Bei einem Artikel der z.B. 4,99 € kostet, fallen schon mal 0,80 € MwSt. an, somit bleiben Netto 4,19 €. Selbst wenn ich jetzt von einer klassischen Händlerkalkulation ausgehe: EK x 2 + MwSt.
    (die Amazon nicht pflegt, vor allem bei solchen Artikeln, da Sie sich in diesem Segment einem großen Preiskampf stellen), bleiben also noch 2,10 €.
    Wenn ich nun von einem Preis für die Versendung ausgehe die selbst bei amazon nicht unter 1,00 € und nicht über 1,20 € liegt (im Mittel also 1,10 €, geschätzt auf Basis verschiedener Artikel und Diskussionen die man bzw. ich gelesen und gehört hat) bleibt also noch 1,00 €. Bei einer Retourenquote die wir nur mal realistisch am E-Commerce anpassen (30%) gehen also noch einmal 0,30 € verloren. Dann kommt noch die Abschreibung von nicht mehr verwertbaren Artikeln dazu, ca. 10 %. Wenn ich jetzt aber annehme dass ein Teil was in einem Lager liegt, mit allen nötigen Arbeiten für den Verkauf im Distanzhandel (Warenannahme, Einlagerung, Single-Pick, Vorbereitung für den Versand, Versand, Retoure, Begutachtung, Weidereinlagerung) mit mindestens (und dass sind TOP-Werte die jetzt folgen) 0,70 € zu belasten sind, dann wird deutlich dass es nicht geht. Selbst für amazon nicht!!!! Mal ganz davon abgesehen, dass Sie wie ich bereits in meinem Kommentar schreibe, bei vielen Punkten der angenommene Wert zu ungunsten von Amazon abweicht.

    Somit muss man ganz einfach feststellen, auch amazon fängt so langsam an zu rechnen und möchte vielleicht in der Zukunft auch mal wirklich Geld verdienen…..

    1. Danke für dein ausführliches Feedback, Milo! Ich kenne zwar keine genauen Zahlen zu den einzelnen von dir aufgeführten Posten, hätte aber aus der Erfahrung ähnliche Werte für die einzelnen Kostenpositionen vermutet. Und natürlich überrascht es mich nicht, dass Amazon am Ende wahrscheinlich keinen Gewinn einfährt oder sogar einen Verlust macht, wie ich es weiter oben in meinem Beitrag ja auch angemerkt habe.

      Die Frage, die ich aufwerfen wollte, bezog sich aber weniger auf den Status Quo als vielmehr auf die Zukunft der Versandkostenmodelle: Dass es heute schwierig bis nicht möglich ist, mit einzeln versendeten Produkten im Wert von unter 5 EUR Gewinn zu machen, sehe ich genauso. Aber lassen sich die Prozesse wirklich nicht so weit verbessern, dass – möglicherweise mit einem ganz anderen Logistikmodell – auch dieser Einzelversand rentabel oder wenigstens nicht verlustbehaftet ist? Es muss ja in Zukunft nicht mehr immer nur der Versand über große Logistikdienstleister sein. Möglicherweise gelingt es ja, lokale Versandstrukturen aufzubauen, die den Versand deutlich kostengünstiger machen. Oder die Lieferung erfolgt von einem ortsansässigen Unternehmen. Vieles könnte ich mir hier vorstellen, deshalb möchte ich die Idee des kostenlosen Versands noch nicht ganz aufgeben.

      Dass auch einige interne Prozesse wie Retourenbearbeitung etc. kostentechnisch problematisch sind, sehe ich genauso, allerdings wird dieses Problem ja nicht durch einen gebündelten Versand mehrerer Produkte behoben. Diese müssen trotzdem noch einzeln beschafft und gelagert und bei einer Retoure entsprechend bearbeitet und wieder aufbereitet werden. Dies kann also kein Argument eines Mindestbestellwerts von 20 EUR sein, sondern müsste solche geringerwertigen Produkte im Onlinehandel ja grundsätzlich ausschließen.

      Dieser Aspekt bringt mich gleich zu einem nächsten Punkt: Dass mit einzelnen Sortimenten oder Produktgruppen Verluste gemacht werden ist bei Generalisten wie Amazon durchaus normal! Bei einem so breiten Sortiment einen positiven Deckungsbeitrag über das ganze Angebot zu erzielen, ist heute wohl nur sehr schwer machbar. Es gibt einfach Sortimente, die nicht sehr rentabel sind. Denken wir an Abendkleider, die zum Abschlussball bestellt, getragen und drei Tage später wieder zurückgeschickt werden. Wenn ich ein Modeversender mit einem Vollsortiment bin, kann ich es mir trotzdem nicht erlauben, dieses Sortiment aus meinem Angebot zu streichen. Die Kunden erwarten schließlich, dass sie vom Hut bis zur Socke alles bei mir finden. Würde ich nun die Abendkleider streichen, wandern mir die Kleid-Kunden ab, die aber vielleicht auch Jeans- und Pullover-Kunden waren. Das Kleider-Sortiment wirkt sich also positiv auch auf andere Sortiment aus. Ähnlich sehe ich es hier mit den 1-5 EUR Produkten von Amazon: Die Kunden lieben Amazon ja gerade dafür, dass sie nahezu alles dort ganz unkompliziert bekommen. Auch den 2,95 EUR Artikel, der – ggf. auch mit weiteren Versandkosten – gerne auch mal einzeln bestellt wird. Diese Kunden bestellen aber in ihrem Kundenlebenszyklus sicher nicht nur 2,95 EUR Artikel. Und dann sollten die anderen, höherpreisigen Bestellungen diesen Verlust im Cent-Bereich doch schnell wieder ausgleichen können. Deshalb finde ich es äußerst gewagt, wenn Amazon seine Kunden durch dieses komplizierte Plus Programm verärgert. Denn der LAN-Kupplungs-Käufer von heute ist vielleicht der Kühlschrank-Käufer von morgen…

      1. Mich würde mal interessieren wie man auf ca. €1,10 pro Paket an Versandkosten kommt.

        Da ich aus der Logistikbranche komme, weiß ich das Amazon definitiv nicht pro Paket bezahlt. Bei den Mengen die Amazon versendet, wird nach Gewicht oder nach Volumen abgerechnet. Dies hat den Vorteil das man auch kleine Sendungen kostengünstig versenden kann da es egal ist ob man 1.000 kleine bzw. leichte oder 100 große bzw. schwere Pakete versendet. Auch vereinfacht dies die Abrechnung, da immer komplette LKW-Ladungen gebucht werden (80-100m² bzw. 20-25 Tonnen). Bezahlt wird dabei normalerweise nur die Strecke vom Lager des Versenders bis zum Verteilzentrum des Paketdienstleisters.

        Die Paketdienstleister haben die Kosten der „letzten Meile“ durch die Einnahmen aus dem Privatkundengeschäft subventioniert. Die Rechnung ging also nur so lange auf, wie auf x private Pakete ein Paket eines Online Händlers wie z.B. Amazon kam. Durch den Boom des Onlinehandels geht diese Kalkulation schon seit längerem nicht mehr auf. Die Preise für Privatkunden konnte man aber auch nicht einfach anheben um einen Ausgleich zu schaffen, da die Paketdienstleister untereinander ebenfalls in einen recht harten Preiskampf stehen.

        In der Wirtschaftskrise um 2009 rum wurden viele Transportkapazitäten abgebaut. Nicht selten durch Konkurs eines Logistikers. Dadurch haben die übrig gebliebenen Logistiker eine stärkere Position da sie weniger Konkurrenz zu befürchten haben. Hinzu kommen gestiegene Energie- und Lohnkosten, die ebenfalls die Transportpreise in die Höhe treiben.

        Es gibt also einige Faktoren die den „kostenlose Versand“ in den letzten Jahren immer unrentabler gemacht haben. Da die Anzeichen schon lange da waren und es somit absehbar war das man sich zukünftig etwas anderes überlegen muss, gehe ich mal davon aus das Amazon den Schritt zu den Plus Produkten zwar schon länger geplant hatte, letzten Endes aber nicht ganz freiwillig gemacht hat. Und ich gehe auch davon aus, dass andere Online-Händler früher oder später zu ähnlichen Schritten genötigt werden.

      2. …Denn der LAN-Kupplungs-Käufer von heute ist vielleicht der Kühlschrank-Käufer von morgen…
        Das stimmt mit Sicherheit, jedoch darfst Du bei dieser Betrachtung ein ganz wichtigen Punkt nicht vernachlässigen: Der LAN-Kuppelungs-Händler ist gewöhnlich nicht der „Nutznießer“ des evt. folgenden Verkaufes.
        Gerade diese Tatsache birgt die Gefahr der völligen Marktverzerrung zu gunsten der großen Globalplayer.
        Warum soll der LAN-Kuppelungs-Kunde nicht für die Kosten aufkommen die er durch seine Kleinbestellung auslöst?

        Bei Eurer Kostenkalkulation sind noch weitere wichtige Punkte komplett nicht beachtet:
        a) Provision, in der Regel von 15% die Amazon erhält
        b) Warenbeschaffungskosten (evt. in den 2,00 Euro EK schon enthalten)
        d) Transportvorkosten vom Händler zum Amazonlager
        e) die Amazonmonatsgebühren
        f) Handlingskosten bei Amazonversand „Nicht-Medienprodukte“ 1,35 Euro Netto
        g) Gewichtsgebühren beim Versand (Brief -1kg = ,90 Euro oder Paket – 2kg 1,75 Euro Netto)

        Ich möchte nicht der Händler der LAN-Kuppelung sein…

  7. @ Milo
    Die Retourenquote wird sicherlich nicht bei 30% liegen. Wer schickt denn bitte ein 5 EUR Produkt zurück? Schlimmstenfalls beträgt die Retourenqoute 5%, eher weniger.

    Außerdem muss man beachten, dass viele Produkte in diesem Bereich eine höhere Marge haben. Vorgestern erst habe ich eine LAN-Kupplung bestellt. Kostet im EK sicherlich nicht mehr als 0,40ct.

    Es ist ein substanzielle Verschlechterung des Prime-Angebots. Schade!

  8. Hallo Benjamin,

    guter Artikel, schön aufberteitet. Ich vermute es werden viele Prime Kunden zukünftig über Ihre Mitgliedschaft bei „Prime“ nachdenken und nachrechnen ob es sich „lohnt“ die 29 Euro pro Jahr zu zahlen.

    mfG
    Marc

  9. @ Janusz

    Retouren werden leider bei allem möglichen ausgelöst…. Aber how ever, selbst ohne diese Retouren ist die Kalkulation bereits fast ausgeschöpft. Und bzgl. der Marge, ist dass mit Sicherheit im Falle einer Lan Kupplung und anderen in ähnlichen Fällen so, allerdings gibt es auch viele, wo die Marge auch schlechter ist….. Siehe das Bild des Bsp. von Benjamin (Spielzeug etc.). Und wie auch immer, selbst amazon betreibt das Geschäft nicht, damit Konsumenten glücklich sind mit Ihren Konditionen, sondern um Geld zu verdienen. Dass es eine Verschlechterung des angebotenen Services ist, gebe ich dir recht, dass amazon selbst Schuld daran ist, weil Sie ihn überhaupt erst eingeführt haben sei jetzt mal dahingestellt. Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass ich es etwas Suspekt finde, dass man erwartet, dass Ware im Wert von um die 5€ durch die halbe Republik gekarrt wird und das ganze auch noch Versandkostenfrei. Von was sollen Händler eigentlich leben, stellt sich mir dann die Frage, oder wo sollen Konsumenten dann Ihre Waren kaufen, wenn diese Händler nicht mehr da sind?? Und es ist eine Utopie zu denken, dass amazon oder wer auch immer, die Preise so niedrig hält, wenn Sie erst einmal einen Marktanteil von über 50% haben……

  10. Der Schritt von Amazon ist nachvollziehbar und auch legitim (solange keine bestehende Verträge mit Händlern betroffen sind). Auf der einen Seite gibt es in der Gesellschaft große Aufregung 1), weil Paketfahrer nicht genügend verdienen, auf der anderen Seite will der Kunde diese Leistung nicht adäquat bezahlen.

    Aus meiner Sicht müssen langfristig alle Marktteilnehmer zu einer realistischeren Einschätzung von Werten kommen.

    Quelle
    1) http://www.stern.de/wirtschaft/news/wallraff-enthuellung-ueber-paketfahrer-sklaven-auf-vier-raedern-1834722.html

  11. Wir vertreiben NICHT über Amazon-FBA, sondern mit unserem eigenen Versand. Ich empfinde diese Restriktion eher positiv für alle Drittanbieter mit eigenem Versand, denn nun werden evtl. die Angebote unter „ferner bieten an“ bei Amazon wieder attraktiver.

    1. Das stimmt natürlich. Aber ob Amazon so sozial ist und das damit bezwecken wollte, wage ich zu bezweifeln… 😉 Dies ist aber ein schöner Nebeneffekt, denn eine Erhaltung der Vielfalt an Anbietern ist aus Kundensicht nur wünschenswert.

  12. Der Artikel ist falsch weil es nicht pauschal bei Artikeln unter 5 Euro ist. Ich finde selbst noch Artikel für 1,90 Euro bei denen ich mit Prime direkt bestellen kann.

    1. @Christopher
      Ich habe auch nicht behauptet, dass das Amazon Plus Programm heute schon für alle Produkte unter 5 EUR angewendet wird: „[…] ein Konkurrent den Artikel weiterhin ohne das Plus Programm zu einem Preis von 3,95 EUR anbieten konnte. Und das obwohl – so ihre Aussage – beide Fulfillment by Amazon (FBA) nutzen und Produktmaße und Gewicht identisch waren. Das verzerrt natürlich den Wettbewerb und bestätigt den Eindruck, dass das Plus Programm bisher nur für einen sehr kleinen Teil des Sortiments ausgerollt wurde.“

      Was wohl nicht zutrifft ist hingegen die 5 EUR Grenze, wie sich mittlerweile herausgestellt hat. Die t3n führt in ihrem Artikel zu dem Thema z.B. ein Produkt auf (Aparoli Elektro Cleaner Spray), das 5,95 EUR kostet und ebenfalls als Plus Produkt gekennzeichnet ist. Also entweder liegt die Grenze höher oder die Einteilung erfolgt nach auch nach anderen Kriterien (Kosten o. Ä.).

  13. Hallo, aber dieser Blog-Beitrag ist so nicht korrekt. Das betrifft nicht nur Amazon Prime, sondern ALLE Amazon-Kunden. Vorbild ist hier das Amazon Add-On Programm aus den USA.

    Das sind einfach Produkte (z.B. Druckerpapier), die überhaupt nicht mehr alleine bestellt werden können, egal ob Prime oder nicht Prime. Können nur dann bestellt werden, wenn man über 20€ liegt.

    Also auch 2 Plus-Produkte im Wert von 6€ reichen nicht, der Warenkorb muss trotzdem über 20€ liegen. Hätte man sich auch denken können, schade, jetzt haben alle „Qualitätsjournalisten“ Deutschlands falsch abgeschrieben.

  14. Ich verstehe nicht, dass man nicht einfach Versandkosten bezahlen kann. Manchmal braucht man eben nur Kleinigkeiten wie e.g. Katzenfutter. Da bezahle ich gerne Versandkosten, wenn ich mir dafuer den Weg zum Plus spare.

  15. Man kann doch weiterhin mit Versandkosten bestellen. Bei Marketplaceanbietern gibt es die Produkte in der Regel problemlos mit Versandkosten zu kaufen. Die Produkte die im Plus-Programm sind gäbe es ohne dieses Programm nicht mit den Vorzügen von Amazon zu kaufen. Das ist die Aussage Amazons. Ob man die jetzt glaubt oder nicht ist eine persönliche Meinung. Momentan glaube ich sie noch. Da es nur einen geringen Teil der Produkte betrifft, die ich bisher immer mit Versandkosten und langen Lieferzeiten bestellen musste. Nun kann ich sie bequem soagr mit der schnelleren Lieferzeit von Prime bestellen. Also ich sehe momentan noch keine Verschlechterung für mich als Käufer.

  16. Ich kann Amazons Schritt insoweit nachvollziehen als es mir klar ist, dass eine Flatrate von 29 Euro irgendwann nicht mehr ausreicht, die tatsächlichen Versandkosten zu decken. Und womöglich klappt irgendwann auch die Mischkalkulation nicht mehr, dass zufriedene Prime-Kunden „aus Treue“ auch höherpreisige Bestellungen tätigen.

    Jedoch sehe ich zwei gewaltige Haken, die bei mir wohl das Ende der Prime-Mitgliedschaft bedeuten werden:

    1) Die sog. Plus-Artikel sind gegenüber aktuellen Ladenpreisen zum Teil deutlich teurer. Diesen Mehrpreis habe ich in Kauf genommen, weil mich der Versand nichts separat gekostet hat. Die Argumentation von Amazon dank des Mindesbestellwerts Niedrigpreisartikel anbieten zu können greift hier für meine Begriffe nur eingeschränkt.

    2) Das große Plus (sic!) bei Prime war in der Vergangenheit der zuverlässige und schnelle Versand durch DHL. Das ist aber längst Vergangenheit. Es kommt immer häufiger vor, dass auch Prime-Kunden mit dem Hermes-Versand leben müssen, was bei mir regelmäßig zu Problemen führt: Zustellung nach 20 Uhr; Zustellung oft Tage später, weil das Paket mit dem überlasteten Fahrer eine Weltreise macht.

    Punkt 2 habe ich bisher toleriert, weil mir Prime ermöglicht hat, auch einmal einen Artikel, der weniger als 20 Euro kostet, zu bestellen. Wenn ich also keine Zeit hatte, zum Geschäft zu fahren, konnte ich so zu akzeptablen Kosten bei Amazon bestellen.

    Freuen kann sich die Konkurrenz im Onlinehandel und natürlich vor Ort mit Ladengeschäften: auch Amazon kocht nur mit Wasser, auch Amazon muss rechnen.

    1. Man kann doch weiterhin bis 20 Euro versandkostenfrei bestellen. Eben nur die Plus-Produkte nicht. Die gab es aber bisher auch nicht versandkostenfrei von Amazon.
      Zu 1. Die Preise haben sich durch die Einführung eher nicht geändert. Daher verstehe ich das Problem gerade nicht. Die Produkte gibt es nun eben durch Amazon mit den ganzen Vorteilen, die Amazon bietet unter anderem dem Primeversand.
      Natürlich kocht Amazon nur mit Wasser. Man muss die Preise immer vergleichen und es gibt sicher andere Anbieter die günstiger sind. Dann muss man die aber nutzen und nicht dauernd verlangen, dass Amazon das auch kann. Amazon hat jetzt neu kalkuliert und für mich ändert sich nichts zum negativen. Da ich auch nicht wirklich häufig Artikel unter 5 Euro bestelle.
      Wer sowas häufig macht, der muss schon umdenken. Aber ich gehe davon aus, dass dies nur auf einen geringer Prozentsatz der Amazonkunden zutrifft.

  17. Hallo,
    Das Obskure Reißt nicht ab,Ich habe Grade 4 Produkte bestellt davon 1 Plus Produkt.
    Nun wird mirdas Plus Produkt bis Morgen Geliefert, ohne Porto, die anderen beiden, werden dan bis Montag geliefert. Soviel zur Wirtschaftlichkeit

  18. Was ich nicht verstehe, Amazon sagt : “Der Einzelversand von Produkten unter 5 EUR ist nicht wirtschaftlich“. Was aber komisch ist weil, wird der Preis eines Bestellten Produktes günstiger am nächsten Tag oder innherhalb kurzer Zeit, hatte Amazon „früher“ die Differenz erstattet. Jetzt wollen die, das man den Artikel zurück schickt und Neubestellt. Wo ist das bitte Wirtschaftlich ?

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