V-Commerce: Wie Virtual Reality das E-Commerce revolutionieren kann

Motivation

Virtual Commerce ist ein neuer Teilbereich des E-Commerce und beschreibt den Kauf und Verkauf von Produkten in einer virtuellen Welt. Aktuell wird weltweit, vor allem in Asien und den USA, intensiv weiter im Bereich V-Commerce geforscht und entwickelt. Erste Virtual Shops, bei denen man sich als Kunde durch ein virtuelles Geschäft bewegt, sind bereits auf dem Markt. Auch in Deutschland beschäftigen sich Unternehmen, wie zum Beispiel Mister Spex, mit diesem Thema.

Als Ergebnis dieses Beitrags wollen wir einen Einblick in die Thematik V-Commerce geben und Möglichkeiten der zukünftigen Nutzung aufzeigen. Anhand einer Umfrage werden wir die bereits jetzt vorliegende Akzeptanz des V-Commerce aus Endkunden Sicht herausstellen und ein aktuelles Bild der Marktakzeptanz erhalten. Als Endergebnis steht also die Frage, inwiefern das Geschäftsfeld des V-Commerce zukunftsfähig ist und ob es sich als Dominanz gegenüber den bestehenden Online Angebot herausstellt.

V-Commerce im Überblick

Die Entwicklung vom V-Commerce

Durch die rasante Entwicklung des E-Commerce Sektors ändern sich ständig die Anforderungen an die Marketingkommunikation und Kundenbedürfnisse. Als Folge suchen Kunden heutzutage aktiv nach neuen Erlebnissen am Point-of-Sale. Die einfache, zweidimensionale Produktdarstellung in einem herkömmlichen Online-Shop kommt bei der Darstellung wichtiger Produktdetails nicht mehr hinterher, woraus sich neue Verkaufs- bzw. Präsentationskanäle wie die des Virtual-Online-Shoppings bilden.

Laut statista.com verwerfen 77,3% der Einkäufer ihren Warenkorb bevor es zum Kauf kommt[1]. Gründe dafür sind Zweifel: Sie wollen beim Onlinekauf kein Risiko eingehen. Kunden möchten ein besseres „look and feel“ Gefühl vor dem Kauf erleben. Genau diese Lücke schließt sich mit dem Virtual-Commerce Modell. Käufer können anhand von Hard- und Software im Bereich VR Produkte „erleben“ und dies im dreidimensionalen anstatt auf einer zweidimensionalen Bildschirmoberfläche. So treffen sie eine informierte und erfahrungsbasierte Kaufentscheidung, ohne den Weg in das stationäre Geschäft machen zu müssen.

Der Umsatz im Bereich Virtual Reality belief sich im Jahr 2020 auf 4,48 Milliarden US-Dollar, bis 2025 soll er laut der Statistik auf etwa 22,37 Milliarden US-Dollar ansteigen[2].

Eine Umfrage aus dem Jahr 2018 zeigt, dass dies besonders auf jüngere Altersgruppen zwischen 14-29 zutrifft in der bereits 97% von VR gehört oder gelesen haben. Damit hatte diese Gruppe von allen befragten Altersgruppen die meisten Kontaktpunkte mit der Thematik und liegt 8% über der Gesamtanzahl (89%)[3]. Die Bekanntheit der VR-Technologie macht es den Unternehmen leichter einen neuen Markt zu erschließen und bestehende Kenntnisse oder Erfahrungen zu nutzen, um daran anzuknüpfen. In Verbindung mit den Erkenntnissen des Umsatzwachstums im Bereich VR lässt dies auf einen neuen Markt mit viel Potenzial schließen.

Wir wissen also, dass die Anwendung von VR im Bereich E-Commerce für Kunden ein besonderes aber auch neuartiges Erlebnis sein kann. Weinberg und Diehl (2001) haben in ihrer Studie gezeigt, dass Erlebnisse mit Produkten die Kundenbindung fördern[4]. Aus der Studie von Adaval (2001) geht hervor, dass Erlebnisse mit Produkten und die dadurch ausgelösten Gefühle zur optimalen Verarbeitung von Produktinformationen beitragen[5]. Somit wird klar, dass das Erleben der Produkte mittlerweile eine wichtige führende Rolle im Kaufprozess und damit letztendlich in der Kaufentscheidung geworden ist. Unternehmen, die den Trend verfolgen, können langjährig profitieren, wenn sie dem Kunden neuartige und einzigartige VR-Erfahrungen bieten.

Technische Methoden

Zur Aufnahme eines VR-Shop gibt es verschiedene Aufnahmemethoden. Sie haben jeweils in bestimmten Situationen/Aufträgen Vor- und Nachteile und unterscheiden sich im Preisbudget des Kunden.

Ohne passende Empfängergeräte auf Kundenseite wäre das Erleben eines VR-Shops nicht möglich. Auch hier gibt es verschiedene Technologien und Möglichkeiten. Die wohl bekanntesten und am häufigsten verwendeten Empfänger sind die VR-Brille, AR-Glasses und die Wiedergabe auf dem normalen Bildschirm eines Desktops/Mobiles.

VR-Brille
Beispiel: VR-Brille

Die Erstellung eines VR-Shops

Um selbst praktische Erfahrungen bei der Erstellung eines virtuellen Shops zu sammeln, hat uns das Unternehmen Vollwinkel die Möglichkeit geboten einen eigenen Prototyp zusammen mit ihnen zu entwickeln.

Der Ablauf zur Erstellung des Prototyps lässt sich in drei Schritte unterteilen. Zuerst mussten wir ein geeignetes stationäres Geschäft finden, welches es uns erlaubt von ihrem Geschäft einen Prototyp eines virtuellen Shops zu erstellen. Als nächstes musste ein virtueller Rundgang des Geschäftes erstellt werden. Hierfür werden von Vollwinkel spezielle Kameras verwendet, mit denen man alle Bereiche des Geschäftes aufnehmen muss. Als letztes wird der Rundgang durch Ergänzen von Produktkarten und theoretischer Anbindung an ein ERP System, zu einem virtuellen Shop. So konnten wir nicht nur praktische Einblicke in die Erstellung eines virtuellen Shops bekommen, sondern uns steht auch ein eigener Prototyp zur Verfügung, den wir in unsere Umfrage einbauen können. Der fertige Prototyp ist über folgenden Link abrufbar: https://my.treedis.com/e-commerce-tour/boconcept

Ausschnitt aus unserem Prototyp des VR-Shops von BoConcept

Umfrage zum VR-Shop

Erstellung der Umfrage

Um unsere anfänglichen Fragestellungen nach der Akzeptanz des Geschäftsfeldes V-Commerce zu beantworten, haben wir eine zielgerichtete Umfrage erstellt und ausgewertet. Dabei haben wir uns sowohl auf die Akzeptanz als auch auf die Wahrnehmung im Vergleich zu einem herkömmlichen Online-Shop konzentriert. Außerdem wollen wir die Hypothese „Die Darstellung der Produkte wird in einem VR Shop besser bewertet und kann zu einer erhöhten Kaufabsicht beim Kunden führen.“ belegen oder widerlegen. Die Umfrage wurde mit dem Tool Unipark entwickelt.

Auswertung der Umfrage

Die Ergebnisse der Umfrage lassen auf ein hohes Potential von VR-Shops schließen, da nur weniger als jeder Dritte der Befragten sich keinen Einkauf in einem VR-Shop vorstellen kann. Auch die Bewertung im Vergleich zum normalen Online-Shop fiel mit einem ausgeglichenen Ergebnis vielversprechend aus. Besonders hervorzuheben sind außerdem die überraschend hohe Anzahl der Teilnehmer, welche die Darstellung der Produkte im VR-Shop als besser bewertet hat. Hier gaben 63,64% an, ihnen habe die Darstellung der Produkte im VR-Shop besser gefallen. Die gute Bewertung der Darstellung von Produkten wurde auch darin belegt, dass 45,45% der Befragten, die zuvor angaben ein besseres Einkaufserlebnis beim normalen Online-Shop zu haben, sich bei der besseren Darstellung der Produkte trotzdem für den VR-Shop entschieden. Ein ähnliches Bild in die andere Richtung ist bei der Navigation festzustellen. Nur 36,36% der Befragten konnten sich im VR-Shop besser zurechtfinden als im normalen Online-Shop.

Fazit V-Commerce

Verschiedene Studien haben sich mit der Beurteilung und Bewertung von VR-Shops durch den Kunden beschäftigt. Die Bewertung kann man allgemein als positiv zusammenfassen, was auch durch unsere eigene Umfrage bestätigt wurde. Weinberg und Diehl belegen außerdem den positiven Effekt auf die Kundenbindung. V-Commerce und VR-Shops weisen besonders bei der Darstellung der Produkte ein hohes Potential auf. V-Commerce erfährt vor allem im Bereich der Produktdarstellung einen hohen Zuspruch, weshalb man die Frage nach der Akzeptanz allgemein positiv bewerten kann.

Schwächen weist der VR-Shop im Bereich der Navigation auf. Da V-Commerce ein relativ neues Geschäftsfeld ist, wird es zukünftig in diesem Bereich voraussichtlich neue Möglichkeiten geben.

Die zukünftige Entwicklung folgt einem klaren Trend. Der prognostizierte Umsatz durch Virtual Reality allgemein steigt von 9,1 Mrd. $ im Jahr 2022 auf 22,37 Mrd. $ im Jahr 2026. Auch die Anzahl der Patente im Zusammenhang mit VR/AR steigt stark an. Anhand dieser Zahlen lässt sich auf eine hohe Relevanz vom V-Commerce in der Zukunft schließen.

Es ist jedoch zu konstatieren, dass in näherer Zukunft nicht mit einem Ersatz des normalen Online-Shops durch den VR-Shop zu rechnen ist. Wahrscheinlicher ist es den VR-Shop als eine Unterstützung des Online-Shops zu sehen. Aufgrund der Stärken im Bereich Produktdarstellung eignet sich der VR-Shop besonders bei Produktgruppen, bei denen Darstellung und Design eine große Rolle spielen. Ein sinnvoller Anwendungsbereich ist beispielsweise die Möbelbranche.

Das Geschäftsfeld V-Commerce ist besonders aufgrund der neuen technischen Entwicklungen und Anwendungen sehr interessant und wird in der Zukunft eine immer größere Rolle im E-Commerce spielen.


[1] (Vgl. Baymard Institut, 2021)

[2] (Vgl. F. Tenzer (a), 2022)

[3] (Vgl. F. Tenzer (b), 2022)

[4] (Vgl. P. Weinberg, S. Diehl, 2001)

[5] (Vgl. R. Adaval, 2001)

Literaturverzeichnis

Baymard Institut (2021), „46 cart abandonment rate statistics“, https://baymard.com/lists/cart-abandonment-rate

F. Tenzer (a) (2022) „Prognose zum Umsatz mit Virtual Reality weltweit in den Jahren 2020 bis 2025“ (16.05.2022), https://de.statista.com/statistik/daten/studie/318536/umfrage/prognose-zum-umsatz-mit-virtual-reality-weltweit/

F. Tenzer (b) (2022) „Prognose zum Absatz von Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Brillen weltweit von 2020 bis 2026“ (16.05.2022), https://de.statista.com/statistik/daten/studie/539653/umfrage/prognose-zum-absatz-von-virtual-reality-hardware/

R. Adaval „Sometimes it just feels right: The differential weighting of affectconsistent and affect-inconsistent product information“ (2001)

P. Weinberg, S. Diehl „Aufbau und Sicherung von Markenbindung unter schwierigen Konkurrenz- und Distributionsbedingungen“ (2001)

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