Tradition trifft Technologie: So nutzen Bäckereien in Deutschland den E-Commerce

E-Commerce im Bäckerei-Handwerk Titelbild

Frische Brötchen am Morgen, der vertraute Duft aus der Backstube, ein freundlicher Gruß vom Verkaufstresen – das Bäckerhandwerk lebt von Nähe, Handarbeit und Tradition. Doch selbst in dieser bodenständigen Branche bleibt die Zeit nicht stehen. Immer mehr Kundinnen und Kunden wünschen sich digitale Services: online vorbestellen, mobil bezahlen oder sogar bequem liefern lassen.

Während große Handelsketten längst auf E-Commerce setzen, tun sich viele Bäckereien noch schwer mit dem Schritt ins Netz. Dabei liegt gerade in der Verbindung von handwerklicher Qualität und digitalen Möglichkeiten großes Potenzial. Dieser Beitrag wirft einen Blick auf aktuelle Entwicklungen im Bäckerhandwerk – und zeigt, wie Betriebe den Wandel gestalten können, ohne ihre Wurzeln zu verlieren.

Status Quo: Wie digital ist das Bäckerei-Handwerk wirklich?

Wer durch deutsche Städte geht, begegnet vertrauten Namen: Junge, Kamps oder Steinecke. Doch wie digital sind diese bekannten Bäckereien eigentlich aufgestellt? Ein Vergleich zeigt: Während einige bereits konkrete E-Commerce-Elemente nutzen, bleiben andere beim klassischen Ladengeschäft.

Digitale Bestellmöglichkeiten

Digitale Bestellmöglichkeiten sind bei Junge und Kamps grundsätzlich vorhanden – allerdings mit Einschränkungen. Bei Junge gibt es zwei Wege: Im Rahmen einer Testphase kann man über Wolt in einem Lieferradius von 1 km in fünf ausgewählten Filialen in Hamburg nach Hause bestellen. Zudem gibt es einen separaten Bereich für Präsente wie Gutscheine oder Kaffee und Tee Pakete. Letzterer erinnert jedoch eher an klassische Katalogbestellungen: Die Oberfläche ist minimalistisch, der Bestellprozess wenig intuitiv und kaum an heutige Nutzergewohnheiten angepasst. Von moderner Shop-Erfahrung keine Spur.

Kamps bietet eine Lieferung nach Hause an – allerdings erst ab einem Mindestbestellwert von 80 Euro. Das mag sich für Firmenkunden oder größere Events lohnen, schreckt jedoch Alltagskundschaft eher ab. Zudem ist das Sortiment stark reduziert, und Produktbilder fehlen größtenteils – was die Bestellung wenig attraktiv macht. Theoretisch kann man bei Kamps in einem großzügigen Radius Produkte nach Hause bestellen, deswegen wurde die Kategorisierung in der Tabelle auf Grün gestuft.

Steinecke verzichtet vollständig auf digitale Bestellwege. Weder ein Webshop noch ein Bestellformular sind vorhanden. Wer einkaufen möchte, muss nach wie vor persönlich in die Filiale kommen.

Click & Collect

Beim Click & Collect zeigt Junge klare Vorteile: Online bestellen und später abholen funktioniert dort reibungslos. Kamps bietet dieses Modell nicht an, und bei Steinecke ist es ebenfalls nicht vorgesehen.

Filialfinder

Auch beim Filialfinder gibt es Unterschiede. Kamps bietet ein gut durchdachtes Tool, bei dem man Filialen über Postleitzahl oder Ort schnell findet – inklusive Öffnungszeiten. Junge ebenfalls. Steinecke bietet auch einen Finder, verzichtet aber auf eine interaktive Karte oder zusätzliche Filter. Nutzerfreundlich ist das nicht – eher zweckmäßig.

Apps

In Sachen App ist das Bild eindeutig: Keine der drei Bäckereien verfügt aktuell über eine eigene Kunden-App. Zwar lassen sich viele Inhalte mobil aufrufen, doch speziell zugeschnittene Funktionen – wie etwa ein digitaler Bonusspeicher oder mobile Coupons – fehlen. Kamps testet immerhin QR-basierte Bestellungen in einzelnen Filialen, aber auch das steckt noch in den Anfängen.

Social Media

Bei der Social Media Präsenz sind dagegen alle drei Betriebe aktiv – wenn auch mit unterschiedlichem Stil. Junge nutzt Facebook und Instagram für Imagepflege, Aktionen und Ausbildungsmarketing. Kamps kommuniziert regelmäßig über verschiedene Kanäle wie LinkedIn oder YouTube. Steinecke ist zwar auf denselben Plattformen vertreten, agiert dort aber vergleichsweise zurückhaltend. Produktangebote oder tagesaktuelle Aktionen sind selten Thema – stattdessen steht das Handwerk im Vordergrund.

Der Vergleich zeigt: Die digitale Transformation ist im Bäckerhandwerk angekommen – aber sie verläuft höchst unterschiedlich. Während manche Betriebe gezielt E-Commerce-Angebote ausbauen, bleiben andere bei einer eher klassischen Online-Visitenkarte stehen.

Digitale Chancen: Was E-Commerce Bäckereien ermöglichen kann

Die Digitalisierung bietet Bäckereien vielfältige Möglichkeiten, ihr Geschäftsmodell zu erweitern. Besonders Click-&-Collect-Systeme ermöglichen es Kunden, bequem online zu bestellen und flexibel vor Ort abzuholen – eine Lösung, die den Komfort erhöht, ohne das handwerkliche Kerngeschäft zu verdrängen. Auch Liefermodelle, etwa für Büros oder Veranstaltungen, erschließen neue Zielgruppen. Digitale Kundenbindungsmaßnahmen wie Bonusprogramme oder Gutscheinkarten stärken die Beziehung zur Stammkundschaft und fördern die Wiederkaufrate. Zudem lassen sich durch automatisierte Bestellprozesse oder Schnittstellen zu Kassensystemen interne Abläufe effizienter gestalten. Ein modernes Online-Angebot kann darüber hinaus das Markenimage verjüngen und die Sichtbarkeit im Netz erhöhen – besonders bei jüngeren, digital affinen Zielgruppen. Wer es schafft, digitale Services sinnvoll mit der eigenen Identität zu verknüpfen, positioniert sich als zukunftsfähiger Handwerksbetrieb. Das digitale Potenzial liegt nicht im Ersatz des Bestehenden, sondern in der gezielten Ergänzung.

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Warum Digitalisierung nicht einfach ist

Trotz vieler Chancen stehen Bäckereien bei der Digitalisierung vor spürbaren Hürden. Viele Betriebe – insbesondere familiengeführte – verfügen weder über ausreichend technisches Know-how noch über das notwendige Budget, um funktionale Online-Shops, mobile Anwendungen oder digitale Zahlungssysteme professionell umzusetzen. Auch die Integration bestehender Abläufe mit neuen digitalen Services erweist sich häufig als komplex. Dazu kommt die Herausforderung der Sichtbarkeit: Eine digitale Lösung allein reicht nicht, wenn sie weder kommuniziert noch nutzerfreundlich gestaltet ist. Hinzu kommt eine gewisse Zurückhaltung im ländlichen Raum, wo Kunden eher an stationäre Einkaufsgewohnheiten gebunden sind. Auch interne Ressourcen wie geschultes Personal oder Zeitfenster für digitale Umstellungen fehlen oft im Tagesgeschäft. Selbst einfache Funktionen – etwa ein zeitgemäßer Filialfinder oder eine strukturierte Produktübersicht – sind vielerorts noch nicht etabliert oder nicht als Relevant angesehen. Die Folge: Digitales Potenzial bleibt ungenutzt, obwohl es technisch längst umsetzbar wäre.

Handlungsempfehlungen und Fazit

Die Digitalisierung im Bäckerhandwerk muss nicht auf einen Schlag erfolgen – oft sind es kleine Schritte, die Wirkung zeigen. Schon erste Maßnahmen wie ein Click-&-Collect-System, eine digitale Gutscheinbestellung oder eine mobil optimierte Website können den Kundenzugang erheblich verbessern. Wichtig ist eine klare Kommunikation: Digitale Services sollten nicht versteckt, sondern sichtbar beworben werden – online wie im Laden. Auch Social Media kann gezielter für Produktangebote oder saisonale Aktionen genutzt werden, statt nur als Imagekanal zu dienen. Langfristig empfiehlt sich die schrittweise Integration bestehender digitaler Elemente – z. B. Kundenkarten, Bestelltools oder Filialsuche – in ein einheitliches System. Die Beispiele aus der Praxis zeigen: Digitale Lösungen funktionieren dann besonders gut, wenn sie zur Größe und Struktur des Betriebs passen. Am Ende geht es nicht um Digitalisierung um jeden Preis – sondern darum, Tradition und Technologie klug zu verbinden.

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