Key Activities im BMC: Unser Weg zur Systematisierung

Das Business Model Canvas (BMC) gehört zu den am weitesten verbreiteten Werkzeugen, um Geschäftsmodelle schnell, übersichtlich und praxisnah darzustellen. Einer seiner zentralen Bausteine sind die Key Activities, also die Tätigkeiten, ohne die ein Geschäftsmodell nicht funktionieren kann(Osterwalder & Pigneur, 2011). Sie beschreiben die Kernaufgaben eines Unternehmens. Genau hier zeigt sich jedoch das Problem: In wissenschaftlichen Studien werden Key Activities sehr unterschiedlich beschrieben.

Die Frage lautet daher: Wie können Key Activities in wissenschaftlichen Anwendungen des Business Model Canvas beschrieben und strukturiert werden, und inwiefern lassen sich aus diesen Beschreibungen Kriterien ableiten, um einen eigenen Systematisierungsansatz zu entwickeln?  

Unser Vorgehen: Von der Datensammlung bis zum Key Activities Modell

1. Datengrundlage schaffen


Als Grundlage des Ansatzes wurden 28 wissenschaftliche Anwendungen des Business Model Canvas ausgewertet. Aus diesen Quellen wurden Key Activities entnommen und auf Basis verschiedener Kriterien analysiert. Dieser Schritt war notwendig, da viele Studien Tätigkeiten in unterschiedlichen Maße aufführten: von konkreten Arbeitsschritten bis hin zu Funktionsbereichen oder strategischen Aussagen. Durch die Segmentierung wurde sichergestellt, dass jede Aktivität einzeln betrachtet und später genau zugeordnet werden kann.

2. Analytische Auswertung der Key Activities


Im Anschluss wurden die einzelnen Aktivitäten untersucht. Dabei lag der Fokus auf drei Merkmalen, die sich in den 28 Studien als die zentralen Unterschiede zeigten:

– Wie eine Aktivität sprachlich formuliert ist
– Welche Funktion sie im Geschäftsmodell erfüllt
– Auf welchen Ressourcentyp sie sich maßgeblich stützt

Diese Voranalyse diente nicht der Kategorisierung, sondern der Identifikation zentraler Muster und wiederkehrender Unterschiede im Material. Die Ergebnisse bilden die Grundlage dafür, welche Überkategorien der Systematisierungsansatz erfassen muss.

3. Modellentwicklung


Die Entwicklung des Modells basiert auf Theorie und Beobachtungen. Drei theoretische Blickwinkel waren dafür zentral:

  • das Business Model Canvas nach (Osterwalder & Pigneur, 2011)
  • die qualitative Kategorienbildung nach (Kuckartz, 2016)
  • und der Resource-Based View nach (Barney, 1991; Wernerfelt, 1984)

Diese Perspektiven halfen uns, die Kategorien zu entwickeln.
In Verbindung mit den zuvor analysierten Key Activities der 28 Studien, ergaben sich daraus drei Dimensionen und ihre Unterkategorien.

  • die Beschreibungsebene einer Aktivität,
  • ihre funktionale Rolle im Geschäftsmodell
  • und der Ressourcenbezug, auf dem sie beruht.

Das dreidimensionale Modell: A-, B- und C-Dimension

Zur strukturierten Erfassung der unterschiedlichen Beschreibungen wird ein Modell verwendet, das Key Activities entlang von drei Analyseebenen einordnet.

1. Beschreibungsebene (A-Dimension)

Sie ordnet, wie Aktivitäten sprachlich formuliert sind:

  • A1 – Tätigkeitsorientiert: Konkrete operative Abläufe – z.B. Vertrieb und Marketing (Aydin et al., 2020)
  • A2 – Funktionsorientiert: Ganzer Aufgaben-/Verantwortungsbereich – z.B. Qualitätskontrolle (Christini & Rahmad, 2015)
  • A3 – Strategisch: Langfristige Entwicklungsprozesse – z.B. Pflege von Partnerschaften (Bin Nadir et al., 2020)

2. Funktionale Rolle im Geschäftsmodell (B-Dimension)

Sie zeigt, wofür eine Aktivität im Geschäftsmodell relevant ist:

  • B1 – Primäre Wertschöpfung: Direkte, zentrale Schaffung des Kundennutzens – z.B. Produktion von Olivenöl einer besonderen Sorte (M. & A., 2018)
  • B2 – Unterstützende Aktivitäten: Wesentliche, hintergründige Prozesssicherung – z.B. Betrieb interner IT-Systeme zur Absicherung der Hauptprozesse (Puspayuda & Jang Jaya, 2022)
  • B3 – Marktinteraktion: Direkter, nach außen gerichteter Marktkontakt – z.B. Management und Promotion in sozialen Medien und auf Websites (Baculima Japón, D. A. ,2021)
  • B4 – Weiterentwicklung des Geschäftsmodells: Langfristige Zukunftsausrichtung und Veränderung des Unternehmens – z.B. Verbesserung des Kundenservice durch digitale Plattformen (Satrio & Wibawa, 2024)

3. Ressourcenbezug (C-Dimension)

Sie beschreibt, welche Ressource eine Aktivität prägt:

  • C1 – Humankapital: Personengebundene Aktivitäten durch Wissen und Fähigkeiten – z.B. Content-Erstellung (Ilmah. et al., 2024)
  • C2 – Technologie: Auf technischen Ressourcen basierende Aktivitäten – z.B. Personalisierung  (Ismail & Cintra, 2021)
  • C3 – Physische Ressourcen: Auf materielle Güter bezogene Aktivitäten – z.B. Lieferung des Futters (Salwin et al., 2022)
  • C4 – Kapital: Auf finanzielle Mittel konzentrierte Aktivitäten – z.B. Sicherung von Finanzierung durch private Investoren (Horvath et al., 2019)

Durch die Kombination der drei Dimensionen versuchen wir, ein klareres Verständnis dafür zu gewinnen, wie eine Key Activity einzuordnen ist.

Ergebnisse der Zuordnungen von Key Activities


Die Auswertung zeigt, dass die drei Dimensionen die unterschiedlichen Formulierungen der Key Activities grundsätzlich erfassen. Besonders herausfordernd war jedoch die Einordnung in die A-Dimension, da viele Beschreibungen zwischen tätigkeitsorientierten, funktionsorientierten und strategischen Formulierungen (A1–A3) wechselten. Diese Übergänge machten eine klare Abgrenzung der Kategorien sehr schwer.

Im Gegensatz dazu ließen sich die anderen Dimensionen, wie zum Beispiel die funktionale Rolle (B-Dimension) und Ressourcenbezug (C-Dimension) besser einordnen. In den genannten Kategorien traten auch Überschneidungen auf, wie zum Beispiel zwischen primärer Wertschöpfung (B1) und marktgerichteten Aktivitäten (B3), doch insgesamt war eine Zuordnung möglich.

Die Ergebnisse bestätigen die Tragfähigkeit des Modells. Gleichzeitig werden die Grenzen des Modells sichtbar.

Grenzen des Key Activities Modells

  • Der Datensatz von 28 Studien ist für die Systematisierung der Key Activities zu klein.
  • Viele Aktivitäten sind in den Originaltexten unpräzise formuliert. Also bleibt die Zuordnung in solchen Fällen interpretativ.
  • In hybriden Geschäftsmodellen überschneiden sich die Kategorien oft.
  • Der Ressourcenbezug kann häufig nur durch eine Interpretation eingeordnet werden.

Fazit: Ein erster Schritt zu mehr Klarheit im BMC

Der entwickelte Systematisierungsansatz zeigt, dass sich die sehr unterschiedlichen Beschreibungen von Key Activities ordnen lassen. Durch die drei Dimensionen, also die Beschreibungsebene, die funktionale Rolle und den Ressourcenbezug, wird eine Grundlage für den Vergleich wissenschaftlicher BMC-Anwendungen geschaffen. Zugleich wird deutlich, dass der Ansatz nicht als abschließendes Modell zu verstehen ist. Die Grundlage der Analyse ist mit 28 Studien begrenzt, und viele der vorliegenden Aktivitäten sind in den Quellen unterschiedlich genau beschrieben. Dadurch bleiben einige Zuordnungen interpretativ.

Folgend ist der Ansatz weniger als eine endgültige Lösung, sondern vielmehr als Ausgangspunkt zu verstehen. Er sortiert die Vielfalt der Beschreibungen, ohne sie zu stark zu verallgemeinern, und zeigt, welche sprachlichen, funktionalen und ressourcenbezogenen Muster im Material tatsächlich auftreten. Damit trägt er dazu bei, die systematische Strukturierung von Key Activities greifbarer zu machen. Auf dieser Basis können zukünftige Arbeiten mit größeren oder diverseren Datensätzen prüfen, inwiefern die drei Dimensionen weiter aufgebrochen bzw. ergänzt werden müssen.

Wie hilfreich finden Sie das dreidimensionale Modell zur Strukturierung von Key Activities?

Quellen:

Quellen der Key Activities :

Baculima Japón, D. A. (2021). *Modelo de negocio CANVAS para la producción y comercialización de prendas de vestir de los talleres artesanales de sastrería del cantón Cuenca, a fin de incrementar la productividad y fortalecer su sistema*. Universidad Politécnica Salesiana Sede Cuenca.

Aydin, L., Demi̇R, B., Aydemi̇R, E., & Boşgelmez, G. (2020). BUILDING A NEW BUSINESS MODEL USING CANVAS MODEL: AN APPLICATION FOR A SHOPPING CENTRE. Süleyman Demirel Üniversitesi Vizyoner Dergisi, 11(27), 587–595. https://doi.org/10.21076/vizyoner.651317

Bin Nadir, M. H., Syed Aris, S. R., Janom, N., Ahmad, F., Habibah Arshad, N., & Kamal Bashah, N. S. (2020). A business model canvas for crowdfunding platform: Case study of crowdfunding platforms in Malaysia. Indonesian Journal of Electrical Engineering and Computer Science, 18(3), 1287. https://doi.org/10.11591/ijeecs.v18.i3.pp1287-1294

Christini, C., & Rahmad, B. (2015). PRESENTING ENTERPRISE ARCHITECTURE STRATEGIES USING BUSINESS MODEL CANVAS (CASE STUDY OF E-COMMERCE PT XYZ). Jurnal Sistem Informasi, 11(2), 77. https://doi.org/10.21609/jsi.v11i2.423

Horvath, B., Khazami, N., Ymeri, P., & Fogarassy, C. (2019). INVESTIGATING THE CURRENT BUSINESS MODEL INNOVATION TRENDS IN THE BIOTECHNOLOGY INDUSTRY. Journal of Business Economics and Management, 20(1), 63–85. https://doi.org/10.3846/jbem.2019.6880

Ilmah., P. A., Rakib., M., & Syam, A. (2024). Business Model Design in Developing Small Businesses: A Business Model Canvas Approach. International Journal of Research and Innovation in Social Science, VIII(VIII), 1700–1715. https://doi.org/10.47772/IJRISS.2024.8080124

Ismail, A. M., & Cintra, Y. (2021). Revista de Emprendimiento y Gestión de la Micro y Pequeña Empresa. 40–59.

M., P., & A., P. (2018). Business model canvas analysis on Greek farms implementing Precision Agriculture. Agricultural Economics Review, 19(2), 34–45.

Puspayuda, A. T., & Jang Jaya, R. S. (2022). The Use of Business Model Canvas to Formulate Business Model on Game Online Store „Asuna Store“. 18(1), 35–45.

Salwin, M., Jacyna-Gołda, I., Kraslawski, A., & Waszkiewicz, A. E. (2022). The Use of Business Model Canvas in the Design and Classification of Product-Service Systems Design Methods. Sustainability, 14(7), 4283. https://doi.org/10.3390/su14074283Satrio, B. C., & Wibawa, B. (2024). Transformation and Sustainability: The Canvas Business Model in SMEs in The New Normal. Maneggio, 1(3), 142–150.

Weitere Quellen:

Barney, J. (1991). Firm Resources and Sustained Competitive Advantage. Journal of Management, 17(1), 99–120. https://doi.org/10.1177/014920639101700108

Kuckartz, U. (2016). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung (3., überarbeitete Aufl). Beltz.

Osterwalder, A., & Pigneur, Y. (2011). Business Model Generation: Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer (J. T. A. Wegberg, Übers.; 1. Auflage). Campus Verlag.

Wernerfelt, B. (1984). A resource‐based view of the firm. Strategic Management Journal, 5(2), 171–180. https://doi.org/10.1002/smj.4250050207

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