Die Projektarbeit auf der dieser Bericht basiert wurde in Kooperation mit GRANIT PARTS als Teil der FRICKE Gruppe durchgeführt. Thema des Projekts war zunächst die Ausarbeitung und Realisierung eines Konzepts zur Steigerung der Nutzerzahlen der Fahrzeugverwaltungsfunktion als Teil des GRANIT-Webshops und wurde später umformuliert, sodass ein Prototyp mit verbesserter User Experience Ziel war.
Zur Erstellung dieses Konzepts wurden in einer Analysephase qualitative, semi-strukturierte Interviews mit Händlern von GRANIT durchgeführt und eine Bestandsaufnahme der Funktionen sowie der registrierten Fahrzeuge vorgenommen. Auf Basis dessen wurde das ursprüngliche Projektziel angepasst und ein Konzept zur Optimierung der Fahrzeugverwaltung ausarbeitet. Um dieses überarbeitete Konzept zu bewerten, wurden zusätzlich UX-Interviews mit den gleichen Händlern von den ersten Interviews durchgeführt.
GRANIT PARTS als Teil der Fricke-Gruppe
Die FRICKE Gruppe mit dem Hauptsatz in Heeslingen hat insgesamt sechs Geschäftsbereiche, dazu gehören der Handel mit Landmaschinen, Gartentechnik und Nutzfahrzeugen. GRANIT PARTS, dessen Geschäftszweig der Handel von Ersatzteilen und Zubehör, primär von Landmaschinen, ist, ist der Umsatz- und Wachstumsstärkste Bereich der FRICKE Gruppe. Fokussiert ist GRANIT auf den B2B-Verkauf an Landmaschinenhändler und -werkstätten, Lohnunternehmen mit eigenen Werkstätten und über sogenannte Partnershops, bei denen es sich um Landmaschinenwerkstätten handelt, auch an Endkunden.
Analytischer Teil
Zur Analyse des Nutzerverhaltens und der aktuellen Nutzung der Fahrzeugverwaltungsfunktion wurde einerseits Google Analytics herangezogen, zusätzlich wurde von GRANIT ein Export der aktuell registrierten Fahrzeuge zur Verfügung gestellt.
Analyse der qualitativen Interviews zur Nutzung der Fahrzeugverwaltungsfunktion
Im Rahmen der Untersuchung wurden verschiedene Händler und Werkstätten befragt, um ein besseres Verständnis für die aktuelle Nutzung der Fahrzeugverwaltungsfunktion von GRANIT PARTS zu gewinnen. Ziel war es, herauszufinden, welche Herausforderungen die Nutzer sehen, welche Funktionen sie sich wünschen und welche Optimierungsmöglichkeiten die Akzeptanz und Nutzung der Funktion steigern könnten.
Aktuelle Nutzung der GRANIT-Plattform
Die befragten Teilnehmer nutzen die Plattform von GRANIT primär für den Einkauf von Ersatzteilen. Dabei erfolgt die Nutzung regelmäßig – teilweise sogar täglich. Neben der Bestellung von Ersatzteilen wird die Plattform gelegentlich für Preisvergleiche oder zur Unterstützung bei Instandsetzungen genutzt.
Die Fahrzeugverwaltungsfunktion selbst wird hingegen von den meisten Befragten nur sporadisch oder gar nicht genutzt. Während einige Nutzer die Funktion getestet haben, ist sie nicht dauerhaft in den Arbeitsalltag integriert worden. Viele Werkstätten haben lediglich eine geringe Anzahl an Fahrzeugen hinterlegt, obwohl ihr Fuhrpark weitaus größer ist.
Gründe für die geringe Nutzung der Fahrzeugverwaltung
1. Fehlender Mehrwert im Vergleich zu bestehenden Methoden
Ein häufig genannter Kritikpunkt ist, dass die Fahrzeugverwaltungsfunktion von GRANIT keinen wesentlichen Vorteil gegenüber den bereits etablierten Methoden der Werkstätten bietet. Viele Betriebe verwalten ihre Fahrzeugdaten bereits über Excel-Tabellen, handschriftliche Listen oder branchenspezifische Softwarelösungen. Diese bestehenden Systeme sind oft individuell auf den jeweiligen Betrieb zugeschnitten und decken die Anforderungen der Werkstätten bereits gut ab.
2. Hoher Aufwand bei der Datenpflege
Ein weiteres Hindernis ist der hohe Aufwand, der mit der Pflege der Fahrzeugdaten in der Plattform verbunden ist. Das manuelle Eintragen der Fahrzeuginformationen wird als zeitintensiv und umständlich empfunden. Besonders problematisch ist, dass viele relevante Fahrzeugmodelle nicht in der GRANIT-Datenbank enthalten sind, sodass Händler sie nicht eintragen können.
3. Fehlende Verknüpfung zwischen Fahrzeugen und Ersatzteilen
Viele Nutzer berichteten, dass sie trotz hinterlegter Fahrzeugdaten häufig nicht die richtigen Ersatzteile finden. Dadurch ist der Nutzen der Funktion stark eingeschränkt. Werkstätten müssen weiterhin auf externe Herstellerkataloge oder manuelle Anfragen beim Lieferanten zurückgreifen, was den erhofften Effizienzgewinn zunichtemacht.
4. Fehlende Sortier- und Filterfunktionen
Die derzeitige Benutzeroberfläche der Fahrzeugverwaltung bietet nur begrenzte Möglichkeiten, um Fahrzeuge effizient zu verwalten. Es gibt keine intuitive Möglichkeit, nach bestimmten Kriterien wie Fahrzeugtyp, Kunde oder Baujahr zu filtern.
5. Eingeschränkte Fahrzeugtypen und fehlende Individualisierungsmöglichkeiten
Viele Werkstätten arbeiten nicht nur mit Traktoren, sondern auch mit einer Vielzahl von Anbaugeräten, Baumaschinen und Spezialfahrzeugen. Die Fahrzeugverwaltung von GRANIT erlaubt jedoch nur die Speicherung bestimmter Fahrzeugtypen aus einer vordefinierten Datenbank.
6. Unzureichende Unterstützung durch GRANIT
Viele Nutzer haben die Funktion zwar ausprobiert, sie jedoch aufgrund fehlenden Mehrwertes nicht weiter genutzt. Ein strukturiertes Onboarding oder regelmäßige Hinweise auf neue Funktionen könnten die Akzeptanz deutlich erhöhen.
Neuausrichtung des Projektziels basierend auf Analyseergebnissen
Im Verlauf der Analysephase sowie während der Zwischenpräsentation wurde die ursprüngliche Zielsetzung des Projekts kritisch hinterfragt. Ursprünglich lag der Fokus darauf, die Nutzung der Fahrzeugverwaltungsfunktion durch gezielte Marketingmaßnahmen zu steigern.
Die Analyse der Nutzungsdaten ergab jedoch, dass bereits fast 30.000 Kunden mindestens ein Fahrzeug in der Plattform registriert haben. Eine genauere Betrachtung dieser Daten zeigt, dass 90 % der Nutzer fünf oder weniger Maschinen hinterlegt haben, während nur eine kleine Gruppe von „Power-Usern“ eine größere Anzahl von Fahrzeugen speichert.
Daher wurde beschlossen, den Fokus des Projekts auf die Optimierung der Benutzerfreundlichkeit (UI/UX) und gezielte Funktionserweiterungen zu legen.
Optimierung der Fahrzeugverwaltungsfunktion – Zusammenfassung der Maßnahmen
Das Projektziel konzentriert sich auf die Optimierung der Unterseiten, die mit der Fahrzeugverwaltung verbunden sind. In Figma (einem Tool zur Konzeption und Design von Websites) wurden Prototypen für überarbeitete Designs erstellt, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern.
Erleichterung des Zugangs zur Fahrzeugverwaltung
Die Fahrzeugverwaltung ist künftig über ein eigenes Icon (Traktor mit Werkstattdach) direkt im Header erreichbar, sodass Nutzer von jeder Seite darauf zugreifen können.

Verbesserung der Fahrzeug-Suchfunktion
Die Hersteller-Typ-Suche wird überarbeitet, um gesuchte Fahrzeuge einfacher zu identifizieren. Eine neue Kachel- und Listenansicht ermöglicht es, nach Kundennamen, Kennzeichen oder Modell zu filtern.

Kompatibilitätscheck für Ersatzteile
Auf der Artikeldetailseite wird eine Funktion integriert, die anzeigt, ob ein Ersatzteil mit einem gespeicherten Fahrzeug kompatibel ist. Dadurch wird die Ersatzteilzuordnung optimiert und Fehlbestellungen werden reduziert.
Erweiterung der Fahrzeugübersicht mit Filter- und Ansichtsoptionen
Zusätzlich zur bisherigen Listenansicht wird eine Kachelansicht eingeführt. Filterfunktionen ermöglichen es, Fahrzeuge nach bestimmten Eigenschaften zu sortieren, z. B. nach Hersteller oder HU-Fälligkeit.
Detaillierte Fahrzeugverwaltung mit Kommentarfunktion
Jedes Fahrzeug erhält eine eigene Detailseite, auf der Reparaturen, Wartungen und Service-Historien erfasst werden können. Kommentare sind kategorisierbar, um eine bessere Übersicht zu gewährleisten.

Freitextfeld für die Speicherung weiterer Fahrzeugtypen
Nutzer können nun auch Fahrzeuge speichern, die nicht im bestehenden Fahrzeugkatalog enthalten sind. Vorschläge zur Vermeidung von Tippfehlern bleiben erhalten, können aber ignoriert werden.
Optimierung der Fahrzeugzuordnung im Warenkorb
Produkte können einem gespeicherten Fahrzeug zugewiesen werden, sodass die Fahrzeugzuordnung automatisch in den Warenkorb, den Lieferschein und die Rechnung übernommen wird. Dies vereinfacht die Dokumentation und Abrechnung.
Ergebnisse der Nutzertests: Positive Resonanz auf das neue Design
Die Bewertung des überarbeiteten Prototyps der Fahrzeugverwaltungsfunktion fiel durchweg positiv aus. Die neue Benutzeroberfläche wurde als übersichtlich, geordnet und intuitiv empfunden, sodass gesuchte Details schnell gefunden werden konnten. Besonders hervorgehoben wurde die klare Struktur der Listenansicht und die zusätzliche Kachelansicht, die eine schnelle Orientierung ermöglichen. Während die Listenansicht als sachlich und praxistauglich bewertet wurde, wurden die Piktogramme in der Kachelansicht als nützliche visuelle Unterstützung für eine schnellere Auffindbarkeit gelobt.
Ein weiterer zentraler Punkt der positiven Rückmeldungen war die Freifeldfunktion, mit der Maschinen unabhängig von einer festen Datenbank hinterlegt werden können. Alle Befragten bewerteten diese Neuerung als besonders hilfreich, da sie eine flexiblere Nutzung der Fahrzeugverwaltung ermöglicht und bestehende Einschränkungen beseitigt.
Auch die Navigation und Bedienbarkeit des neuen Systems wurden positiv bewertet. Die Nutzer gaben an, dass sich der Prototyp selbst ohne Anleitung gut erschließen lässt und keine grundlegenden Funktionen fehlen. Das Wechseln zwischen den einzelnen Bereichen der Fahrzeugverwaltung wurde als reibungslos beschrieben, und die Darstellung der Maschinen in der neuen Übersicht stieß auf breite Zustimmung.
Bewertung der Nutzungseffizienz
Die Geschwindigkeit, mit der die Testaufgaben bearbeitet wurden, bestätigt die gute Bedienbarkeit des neuen Systems. Die meisten Aufgaben konnten schnell und ohne Hilfestellung gelöst werden. Besonders die Navigation innerhalb der Fahrzeugverwaltung wurde als intuitiv und effizient empfunden.
Gesamtbewertung des Systems
Das neue Design erhielt eine durchschnittliche Bewertung von 69,2 von 80 möglichen Punkten, was eine insgesamt hohe Zufriedenheit widerspiegelt. Besonders positiv fiel auf, dass sich die Nutzer sicher bei der Verwendung des Systems fühlten und die Bedienung als leicht verständlich und selbsterklärend empfanden.
Fazit
Die überarbeiteten Design- und Funktionselemente wurden von den Nutzern durchweg positiv aufgenommen. Die neue Listen- und Kachelansicht, die intuitive Navigation und die flexible Fahrzeugerfassung sorgten für eine hohe Zufriedenheit. Die Nutzer bewerteten das System als praxisnah und effizient, sodass die Implementierung des neuen Designs als wichtiger Schritt zur besseren Integration der Fahrzeugverwaltung in den Arbeitsalltag der Händler gesehen wird.