Start-Ups im E-Commerce – Von der Idee zum Geschäftsmodell

Die Anzahl der Gründer von Start-Ups in Deutschland ist von 2014 auf 2015 um etwa 47.000 auf circa 915.000 gestiegen. [1] Dem Start-Up Monitor 2015 zufolge haben dabei 45,5% der Gründer bereits ein und etwa 21% bereits zwei oder mehr Unternehmen gegründet. [2] Dabei erzielt bereits jedes fünfte Start-Up einen Umsatz von über einer Million Euro. [3] Doch wie gelangt man durch die Phasen der Ideenfindung, -Formulierung und -Umsetzung zu einem Start-Up?

Die Gründungsphasen

Allgemein teilt sich eine Unternehmensgründung in drei verschiedene Phasen auf. Die Early-Stage umfasst dabei die Ideenfindung, -Formulierung und -Umsetzung und steht im Folgenden im Mittelpunkt. Außerdem gibt es die Expansion Stage sowie die Later Stage, in denen es um die Ideenintensivierung, um die Ideenfortführung sowie um die -Diversifikation geht. [4]

Early Stage – Ideenfindung

In der ersten Phase wird zunächst versucht, eine Idee für das spätere Geschäftsmodell zu finden. Hierbei gibt es Faktoren, die den oder die Gründer, das Produkt sowie das Geschäftsmodell betreffen.

Zum ersten gibt es einige Charakterzüge, die unternehmerisch tätige Personen von abhängig beschäftigten Personen unterscheidet und sich somit auf den Erfolg des Start-Ups auswirken können. [5] Dabei handelt es sich um Eigenschaften wie beispielsweise das Streben nach Unabhängigkeit oder ein gewisses Grad an Ungewissheitstoleranz und Risikoneigung, damit auch unbekannte Situationen angemessen bewältigt werden können. Um dem Stresslevel Stand zu halten, eignet sich außerdem eine hohe physische, aber auch psychische Belastbarkeit. [6] Da nicht jeder Gründer die zahlreichen Charaktereigenschaften selbst haben kann, gibt es Möglichkeiten zum Ausgleich: die erste Möglichkeit ist die Veränderungsstrategie, bei der der Gründer versucht, bestimmte Eigenschaften anzueignen, bei der zweiten Möglichkeit handelt es sich um die Kompensation, bei der Defizite durch Eigenschaften von Mitgründern ausgeglichen werden. [7]

Gründungen im E-Commerce erfordern aufgrund der hohen Verbundenheit mit dem Internet neben den Charaktereigenschaften auch Kenntnisse über Betriebswirtschaftslehre, Entrepreneurship, Informatik sowie Wirtschaftsinformatik. Auch hierbei können Defizite gut durch Teamgründungen kompensiert werden. [8]

Neben den Anforderungen an den oder die Gründer, gib es einige Faktoren, denen die Geschäftsidee entsprechen muss. Sie sollte interessant, neuartig und nachhaltig sein und außerdem ein bestimmtes Bedürfnis der Nachfrager befriedigen. [9] Um die Ideenfindung zu erleichtern gibt es verschiedene Methoden. Bei der Kompetenzanalyse werden zunächst die Kernkompetenzen des/der Gründer ermittelt und daraus Geschäftsideen entwickelt. Die Suchfeldanalyse dagegen umfasst die schrittweise Verfeinerung des Suchraumes von der Definition eines Suchraumes bis zur Definition neuer Geschäftsfelder, wie in Abbildung 1 zu sehen ist. Eine dritte Methode ist die Szenario-Technik, bei der potentielle Zukunftsszenarios entwickelt werden, auf Basis dessen die Geschäftsideen entwickelt werden. [10]

Abb. 1: Die Suchfeldanalyse
Abb. 1: Die Suchfeldanalyse[21]
Wichtig zu erwähnen ist trotz der helfenden Methoden jedoch, dass die Ideenfindung ein eher spontaner und wenig beeinflussbarer Prozess ist.

Auch die Auswahl eines richtigen Produktes spielt eine große Rolle, da dies der ausschlaggebende Faktor ist, der Nutzer in Kunden konvertieren kann. Dabei eignen sich besonders Nischen- bzw. Long-Tail Produkte, da es hier keine große Konkurrenz gibt. Außerdem sollte immer das Alleinstellungsmerkmal des Produktes in den Vordergrund gerückt werden, um sich von Wettbewerbern abzuheben. [11]

Early Stage – Ideenformulierung

Im Mittelpunkt der Phase der Ideenformulierung steht die Formulierung eines Businessplans, der dazu dient, Grundlagen für die Ideenumsetzung zu legen und gegebenenfalls Investoren zu überzeugen. Außerdem werden organisatorische Fragen zum strukturellen Aufbau des Unternehmens beantwortet, dazu gehört die Wahl des Standortes, der Rechtsform sowie die benötigte Technologie (Zahlungsanbieter, Shopsystem, etc.). Hierbei müssen jeweilige Vor- und Nachteile abgewogen werden. [12]

Der Businessplan

Der Businessplan umfasst wichtige Punkte, die unternehmensextern, zum Beispiel zur Gewinnung von Partnern, aber auch intern als Rahmen genutzt werden können. Zunächst wird in der sogenannten Executive Summary eine Zusammenfassung der folgenden Punkte verfasst. Diese dient dazu, einen schnellen Überblick über alle wichtigen Aspekte zu gewinnen. Im zweiten Schritt werden die Produkte sowie das Geschäftsmodell und der Mehrwert des Unternehmens für den Kunden aufgezeigt. Dies kann besonders gut durch das Business Model Canvas für Plattformen erfolgen, welches in Abbildung 2 aufgezeigt ist. [13]

Abb. 2: Business Model Canvas für Plattformen
Abb. 2: Business Model Canvas für Plattformen [22]
Im nächsten Abschnitt wird der Gründer bzw. das Gründerteam vorgestellt, indem Kompetenzen und Qualifikationen aufgezeigt werden. In vielen Fällen werden auch die Charaktereigenschaften des oder der Gründer in die Entscheidung zur Investition einbezogen. Auch im Businessplan ist eine Markt- und Wettbewerbsanalyse enthalten, bei der die aktuellen sowie die zukünftigen Markt- und Nachfragegrößen aufgeführt werden. Dazu eignet sich besonders das Five-Forces Modell von Michael M. Porter. [13] [23]

Als weiteren Punkt im Businessplan werden Strategien für Marketing und Vertrieb genannt. Es muss also schon vor der eigentlichen Unternehmensgründung eine Planung in diese Richtung stattfinden. Außerdem werden Produkt- und Personalplanungen durchgeführt und in den Businessplan aufgenommen. Hieraus kann die Skalierbarkeit der Produktion und somit des Unternehmens abgeleitet werden. [13]

Neben den genannten Punkten wird eine SWOT Analyse (Stärken, Schwächen, Chancen, Risiken) durchgeführt und in den Businessplan integriert. Außerdem wird eine Finanzplanung durchgeführt, zu der beispielsweise die Investitions-, Betriebs- und Umsatzplanungen gehören. [13]

Early Stage – Ideenumsetzung

In dieser Phase der Gründung werden die im Businessplan beschriebenen Inhalte umgesetzt. Dabei sind besonders die unternehmensinternen Prozesse, Teamfähigkeit und regelmäßige Meetings wichtig. Das Einstellen neuer Mitarbeiter bringt nicht nur mehr Arbeitskraft in das Unternehmen, sondern auch Know-How und neue Ideen. [14] Die Produkte werden auf dem Markt integriert, außerdem werden die ersten Umsätze generiert und eine Marke aufgebaut.

Um bei dem Kunden Vertrauen aufzubauen sollten Trust-Elemente (Bewertungen, Gütesiegel, etc.) auf der Website integriert werden. Außerdem wirken sich auch transparente Angaben über Kontaktmöglichkeiten sowie gute Produktdarstellungen positiv auf das Vertrauen und somit auf die Kaufbereitschaft aus. [15] [16] [17]

Ebenso wichtig ist der Aufbau der Seite, darunter fällt neben einem intuitiven Seitenaufbau auch die Seitenladezeit sowie die Usability. Dadurch wird gewährleistet, dass Kunden sich auf der Seite zurechtfinden und im besten Fall konvertieren. [18] [19]

Um einen möglichst reibungslosen Ablauf der Bestellung zu garantieren, sollte der Vertrieb automatisiert ablaufen. Dazu bietet sich ein automatisiertes Warenwirtschaftssystem an, welches Bestätigungen zur Bestellung, Bezahlung, etc. direkt sendet und damit den Prozess vereinfacht. [20]

Was folgt?

Die darauffolgenden Phasen einer Unternehmensgründung umfassen die Expansion-, sowie die Later Stage. In diesen Abschnitten steht die Anpassung an den Markt, ein stetiges Umsatzwachstum sowie die Ideenfortführung im Mittelpunkt des Unternehmens. Ebenfalls wird in der Later Stage der Break-Even Punkt erreicht und damit die ersten Gewinne realisiert, außerdem verkaufen Investoren in dieser Phase meist ihre Unternehmensanteile. [4]

 

Quellen:

[1] Vgl. VC-Magazin (Abgerufen 23.10.2016)

[2] Vgl. Deutscher Start Up Monitor 2015 S. 26

[3] Vgl. Deutscher Start Up Monitor 2015 S. 42

[4] Vgl. Tobias Kollmann: E-Entrepreneurship; Auflage 4, 2011; S 90f

[5] Vgl. Müller: Diagnose unternehmerischer Persönlichkeitspotenziale; 2003; S. 14-18

[6] Vgl. Kollmann: E-Entrepreneurship; Auflage 4, 2011; S 109

[7] Vgl. Kollmann: E-Entrepreneurship; Auflage 4, 2011; S 110

[8] Vgl. Kollmann: E-Entrepreneurship; Auflage 4, 2011; S 114

[9] Vgl. James Timmons: New Venture Creation; 1999; S. 71

[10] Vgl. Kollmann: E-Entrepreneurship; Auflage 4, 2011; S. 120ff

[11] Vgl. Antony Welfare: The Retail Handbook; Auflage 1; 2011; S 19ff

[12] Vgl. Kollmann: E-Entrepreneurship; Auflage 4, 2011; S. 90; 224ff

[13] Vgl. Starting Up (Abgerufen 14.10.2016)

[14] Vgl. Kollmann: E-Entrepreneurship; Auflage 4, 2011; S. 316ff

[15] Vgl. Trusted Shops (Abgerufen 18.10.2016)

[16] Vgl. Initiatived21 (Abgerufen 09.10.2016)

[17] Vgl. E-Strategy Magazin (Abgerufen 09.10.2016)

[18] Vgl. Steve Krug: Don’t make me think; 3. Auflage 2014; S. 22f.

[19] Vgl. Nielsen Norman Group(Abgerufen 08.10.2016)

[20] Vgl. E-Commerce Magazin (Abgerufen 09.10.2016)

[21] Eigene Abbildung nach: Kollmann: E-Entrepreneurship (in Anlehnung an Müller-Stewens 1989, S. 325); S. 125

[22] Vgl. Deutsche Start Ups (Abgeruen 15.10.2016)

[23] Manager Wiki (Abgerufen 21.10.2016)

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