B2B-Prozesse am Beispiel METRO: Analyse, Potenziale und Erkenntnisse

Die digitale Transformation verändert die Beschaffungsprozesse im B2B-Bereich nachhaltig. Unternehmen wie METRO stehen vor der Herausforderung, vielfältige Kundenanforderungen effizient zu bedienen und gleichzeitig wirtschaftlich zu handeln. Im Rahmen unserer Analyse untersuchen wir anhand eines praxisnahen Beispiels – der Belieferung eines neapolitanischen Pizza-Restaurants – relevante Modelle, Prozesse und Potenziale zur Automatisierung, sowie die B2B-typischen Merkmale des Onlineshops metro.de.


Ziel und Motivation

Ziel dieses Beitrags ist es, die Charakteristika moderner B2B-Beschaffungsprozesse und Vertriebsstrategien zu beleuchten. Die Analyse basiert auf dem Fallbeispiel METRO und adressiert insbesondere:

  1. die Rolle des Buying Centers,
  2. die Komplexität und Bedeutung unterschiedlicher Beschaffungsgüter,
  3. Potenziale der Prozessautomatisierung,
  4. sowie Erfolgsfaktoren im B2B-E-Commerce.

1. Buying Center und Phasenmodell im B2B-Prozess

Der B2B-Kaufprozess unterscheidet sich wesentlich vom B2C-Geschäft durch komplexe Entscheidungsstrukturen, die in Form des Buying Centers organisiert sind. Das Buying Center eines neapolitanischen Pizza-Restaurants umfasst beispielsweise folgende Rollen:

Abbildung 1: Phasenmodell des B2B-Beschaffungsprozesses

1. (Heinemann (2020), S. 55, mit Verweis auf Lippold & Lutz (2018))
  • Initiator & Influencer: z.B. der Küchenchef, der Bedarf erkennt,
  • Nutzer: z.B. das Küchenpersonal, welches mit den Produkten arbeitet.
  • Gatekeeper: z.B. das Büropersonal, das Informationen filtert,
  • Einkäufer: etwa die Einkaufsleitung, die Konditionen bewertet,
  • Entscheider: i.d.R. der Geschäftsführer.

Diese Rollen agieren entlang eines standardisierten Phasenmodells (siehe Abb. 1), das von der Bedarfserkennung über die Anbieterauswahl bis hin zur Leistungserbringung und Reklamation reicht.


2. Beschaffungsmarkt und Bedeutung

Die Bedeutung und die Komplexität der Beschaffung variiert je nach Produkt. Anhand der folgenden Matrix (siehe Abb. 2) lassen sich Produkte in vier Kategorien einteilen:

Abbildung 2: Komplexität und Bedeutung der Beschaffung

2. (Wirtz (2016), S. 606 mit Verweis auf Nenninger & Gerst (1999), S. 288)
  • Käufermarkt „Kosteneffizienz“: z.B. Teelichter; geringe Beschaffungsbedeutung, sowie geringe Komplexität,
  • Einfluss „Profitabilität“: z.B. Tomatensauce; hohe Bedeutung, aber geringe Komplexität,
  • Kritisches Risiko Management: meist Monopolprodukte mit geringer Bedeutung, aber hoher Komplexität (ggf. Produkte der METRO Eigenmarke)
  • Strategische Einnahmenbildung: z.B. spezielle Kühlgeräte; hohe Bedeutung, sowie hohe Kompelxität.

Teelichter sind standardisierte Verbrauchsprodukte, die in großen Mengen und zu günstigen Preisen eingekauft werden. Im Fokus steht hier die Kosteneffizienz: Große Verpackungseinheiten, einfache Lagerung und ggf. Automatisierung der Nachbestellung machen sie zu einem idealen Kandidaten für Preisoptimierung. Verhandlungen konzentrieren sich auf Rabatte, Lieferkonditionen oder Staffelpreise.

Tomatensauce ist für ein neapolitanisches Restaurant zentral, da sie den Geschmack der Speisen wesentlich prägt. Die Auswahl des Produkts sollte daher nicht nur über den Preis, sondern auch über Qualitätskriterien (Herkunft, Rezeptur, Haltbarkeit) erfolgen. Hier ist ein gewisser Grad an Fachberatung sinnvoll, um die Profitabilität des Endprodukts zu sichern.

Einige Eigenmarkenprodukte könnten exklusiv über METRO bezogen werden und lassen sich nicht einfach substituieren. Obwohl sie möglicherweise nicht den Kern des gastronomischen Angebots betreffen, bergen sie ein hohes Risiko bei Lieferausfällen oder Preisänderungen, da Alternativen fehlen. Das erfordert proaktives Risikomanagement, wie z. B. Lagerhaltung, Liefervereinbarungen oder Notfallpläne.

Ein Kühlgerät für italienische Weine ist betriebsnotwendig. Es muss hohe technische Anforderungen erfüllen, wartungsarm sein und exakt zur Kücheninfrastruktur passen. Die Anschaffung erfordert gründliche Recherche, Angebotsvergleiche und oft individuelle Anpassung. Zudem ist der After-Sales-Service entscheidend (z. B. Wartung, Reparatur). Fehler bei der Auswahl oder Ausfallzeiten können hohe Folgekosten verursachen – daher ist dieser Bereich strategisch besonders sensibel.


3. Automatisierungspotenziale

Die Analyse zeigt, dass nicht alle Beschaffungsprozesse gleich automatisierbar sind. Folgende Matrix (siehe Abb. 3) verdeutlicht die Automatisierbarkeit je nach strategischer Bedeutung anhand von vier Beispielprodukten:

Abbildung 3: Strategisches Automatisierungspotenzial

3. (Wirtz (2016), S. 609 mit Verweis auf Nenninger (1999), S. 27)
  • Auswahleinkauf: Konditionenmanagement, z.B. Bierzeltgarnituren; geringes Automatisierungspotenzial und geringe strategische Bedeutung
  • Bedarfeinkauf: Standardisierung, z.B. Teelichter; hohes Automatisierungspotenzial, aber geringe strategische Bedeutung
  • Investitionskauf: Kapitaleinkauf, z.B. spezielle Kühlgeräte; geringes Automatisierungspotenzial, aber hohe strategische Bedeutung
  • Logistikeinkauf: Ausfallminimierung, z.B. Tomatensauße; hohes Automatisierungspotential und hohe strategische Bedeutung

Bierzeltgarnituren werden anlassbezogen beschafft, etwa für Events, saisonale Außengastronomie oder temporäre Erweiterungen des Gastraums. Der Fokus liegt auf dem Konditionenmanagement: gute Preise, passende Lieferzeitpunkte, flexible Liefermodalitäten und gegebenenfalls Rückgabemöglichkeiten. Da solche Anschaffungen selten, nicht standardisiert und oft unterschiedlich im Bedarf sind, lohnt sich eine Automatisierung in der Regel kaum.

Teelichter werden häufig genutzt, etwa für die Atmosphäre im Gastraum.
Sie werden regelmäßig in großen Mengen benötigt und eignen sich hervorragend für automatisierte Nachbestellprozesse – etwa durch Bestelllisten, Abo-Modelle oder ERP-Systeme. Teelichter sind klassische Verbrauchsmaterialien, die standardisiert beschafft werden können. Ihre geringe Bedeutung erlaubt eine vollständig automatisierte Abwicklung, ohne dass dabei strategische Risiken entstehen.

Kühlgeräte, die z. B. für die Lagerung von Weinflaschen eingesetzt werden, sind zentrale Investitionsgüter in der Gastronomie. Ihre Anschaffung erfordert individuelle Planung, den Vergleich technischer Spezifikationen, die Berücksichtigung räumlicher Gegebenheiten, Serviceverträge sowie langfristige Investitionsentscheidungen – komplexe Prozesse, die nicht ohne Weiteres automatisiert werden können und häufig persönliche Beratung erfordern.

Tomatensauce, als Kernzutat für Pizza, ist hier exemplarisch: Ohne sie kann das Tagesgeschäft im Restaurant kaum stattfinden, da sie direkt die Produktqualität beeinflusst. Um Ausfälle zu vermeiden, empfiehlt sich ein automatisierter Nachbestellprozess, gestützt durch Verbrauchsdaten, ERP-Systeme oder festgelegte Mindestbestände. Gleichzeitig sind verlässliche Backup-Lieferanten sinnvoll, um Versorgungssicherheit selbst bei Lieferengpässen oder saisonalen Schwankungen dauerhaft zu gewährleisten.


4. Charakteristika im B2B-E-Commerce

4.1 Interaktionsformen und Betriebsmodelle

B2B-Beschaffung erfolgt heute über vielfältige Kanäle (siehe Abb. 4). METRO agiert als:

  • B2B-Online-Shop (1:m),
  • Marktplatz (n:m),
  • Lieferdienst,
  • stationärer Handel (Offline-Multi-Channel).

Dies erlaubt eine flexible Kundenansprache über App, Webshop und persönlichen Außendienst.

Abbildung 4: Interaktionsformen

4. (Heinemann (2021), S. 225 mit Verweis auf Mittelstand Agentur Handel (2017))

4.2 Onlineshop-Funktionalitäten

Ein moderner B2B-Shop muss mehr bieten als ein einfacher Warenkorb. Erfolgsfaktoren umfassen:

  • Produktspezifikation: technische Daten, Verfügbarkeitsanzeige, Dokumente,
  • Multi-Channel-Services: Click & Collect, Außendienstintegration,
  • Lieferungsanforderungen: Wunschlieferzeiten, Nachtlieferungen, Kühltechnik
  • Transparenz: Lieferstatus, Reklamationsabwicklung mit festen Ansprechpartnern.

5. Erkenntnisse

Unsere Analyse liefert zentrale Erkenntnisse für Anbieter im B2B-Markt:

  • Heterogene Kundenbedürfnisse erfordern differenzierte Ansprache,
  • Fachberatung ist bei strategischen Produkten unerlässlich,
  • Abonnementmodelle können bei standardisierten Produkten Effizienzvorteile bringen,
  • Onlineshop bietet individualisierte Angebote und Self-Service-Optionen.

6. Fazit und Ausblick

Die digitale Transformation des B2B-Handels ist weit fortgeschritten – METRO zeigt, wie ein Unternehmen durch strategisches Multi-Channel-Management und durchdachte Automatisierung erfolgreich agieren kann. Dennoch bleibt Beratung ein zentrales Differenzierungsmerkmal. In Zukunft könnten KI-basierte Empfehlungssysteme und Predictive Ordering weitere Potenziale erschließen.


Literaturverzeichnis

  1. Heinemann (2020), S. 55, mit Verweis auf Lippold & Lutz (2018)
  2. Wirtz (2016), S. 606 mit Verweis auf Nenninger & Gerst (1999), S. 288
  3. Wirtz (2016), S. 609 mit Verweis auf Nenninger (1999), S. 27)
  4. Heinemann (2021), S. 225 mit Verweis auf Mittelstand Agentur Handel (2017)
  5. METRO. Unternehmensinformationen. https://www.metro.de; https://www.metro.de/unternehmen/geschichte; https://www.metro.de/lieferservice-gastronomie; https://prospekte.metro.de/lieferservice-online-bestellservice
  6. Freiheit.com. Case Study zu METRO’s E-Commerce Plattform. https://freiheit.com/chronicle/case-studies/metro/

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