Maßnahmen des präventiven Retourenmanagement

Retouren und E-Commerce – das gehört zusammen. Denn besonders durch die Möglichkeit den Artikel retournieren zu können gewinnt der Kunde an Sicherheit und bestellt. Für den Online-Händler stehen in Verbindung mit Retouren jedoch in erster Linie hohe Kosten für den Transport, die Vereinnahmung, die Aufbereitung und die Administration.[1]

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Quelle: yourdealz.de

Die hohe Anzahl an Retouren kann für ein Unternehmen bedrohliche Ausmaße annehmen. Viele Shopbetreiber haben diese Problematik bereits erkannt und bauen auf ein präventives Retourenmanagement, um die Anzahl der Retouren zu verringern.

Das präventive Retourenmanagement beinhaltet sämtliche Maßnahmen zur Vermeidung von Retouren. Untergliedert wird dabei in die Retourenvermeidung, Retourenverhinderung und Retourenförderung.

Die Vermeidung und Verhinderung soll die Retourenmenge reduzieren. Die Retourenförderung hingegen hat die Steigung der Retourenmenge als Ziel, was sich lediglich bei einem positiven Nettoretourenwert auszahlt.[2] Um die Anzahl der Retouren zu senken liegt der Fokus der Online-Händler auf der Retourenvermeidung und der Retourenverhinderung.

 

Retourenvermeidung

Die Retourenvermeidung beinhaltet sämtliche Aktivitäten zur Beseitigung der Rücksendeursachen. Sie steigert die Kundenzufriedenheit, da eine Rücksendung für den Kunden stets mit einem zeitlichen und/oder finanziellen Aufwand verbunden ist.[3]

Um die Rücksendeursachen zu kennen kann einerseits dem Paket ein Retourenschein beigelegt werden, auf dem der Kunde die möglichen Gründe angeben kann. Andererseits kann das Kundenverhalten interpretiert werden. Bestellt ein Kunde beispielsweise ein Paar Schuhe in zwei verschiedenen Größen, so ist von einer Retoure auszugehen.

Die Maßnahmen der Retourenvermeidung lassen sich klassifizieren in kundenorientierte, monetäre und ablauforientierte Instrumente.

♦ Kundenorientierte Instrumente

Zu den kundenorientierten Maßnahmen gehören unter anderem leicht verständliche Produktbeschreibungen, Produktbewertungen und technische Neuheiten wie z.B. virtuelle Anprobe-Möglichkeiten.

Die detaillierte Darstellung der Produktinformationen auf der Internetseite wird von 83 Prozent der Online-Händler als wichtigstes Tool zur Bekämpfung der Retourenquote angesehen.[4] Hierbei kommt es vor allem auf qualitativ hochwertige Bilder, möglicherweise ergänzt durch 360°-Ansichten und Zoom-Funktionen, sowie auf entsprechende Größentabellen und Produktbewertungen an.

♦ Monetäre Instrumente

Zu den monetären Instrumenten im Sinne der Retourenvermeidung gehören unter anderem Geld-zurück-Garantien, Willkommens Pakete/Geschenke und Gutscheine.

Der Modeanbieter Bonprix beispielsweise schenkt seinen Kunden für jede Bestellung ohne Rücksendung einen Drei-Euro-Gutschein.[5]

Somit wird ein Anreiz geschaffen auf die Rücksendung zu verzichten. Der Kunde überlegt sich durch diese Maßnahme genau, ob er ein Produkt in zwei verschiedenen Größen bestellen soll oder nicht, da er bei eine Retoure auf den Gutschein verzichten müsste.

♦ Ablauforientierte Instrumente 

Das Individualisieren des Bestellvorgangs auf Basis der Kundendaten, die Nichtbelieferung von Retourensündern sowie eine gut organisierte und durchgeführte Logistik gehören zu den ablauforientierten Retourenvermeidungs-Instrumenten.

Ein individualisierter Bestellvorgang kann beispielsweile nur Zahlungsarten anbieten, welche nicht retourenfreundlich sind (z.B. Vorkasse), sollte der Kunde einen auffälligen Warenkorb erstellen. Hierbei ist die Balance zwischen Kundenservice und Rücksendungsreduzierung jedoch zu beachten.

Die Nichtbelieferung von Retourensündern wurde von 2013 von Amazon mit großer Medienaufruhr durchgeführt, als Amazon diverse Konten von Kunden sperrte, welche „die haushaltsübliche Retourenanzahl“ überschritten.[6]

Zur gut durchgeführten Logistik zählen in erster Linie eine schnelle Lieferung sowie eine sorgfältige Verpackung.[7]

 

Retourenverhinderung

Die Retourenverhinderung erschwert den Eintritt einer Rücksendung in den Retourenkanal. Um dies zu erreichen erhöhen entweder gezielt gesetzte Anreize oder zusätzlicher Aufwand die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden von Rücksendungen absehen.

Es wird zwischen Verhinderungsmaßnahmen mit und ohne Kompensationsleistung differenziert.[8]

Bei der Verhinderung mit Kompensation erklärt sich der potentielle Retourenempfänger zur Zahlung einer Pauschale bereit, sollte der Versender im Gegenzug auf eine Rücksendung verzichten. Solche Praktiken sind besonders im B2B-Kontext weit verbreitet. Aber auch im Endkundenbereich wird vermehrt auf diese Strategie gesetzt. Amazon entscheidet sich z.B. vermehrt dazu, dem Kunden den Kaufbetrag zu erstatten, sollten die Retourenkosten den Wiederbeschaffungswert des Gutes übersteigen und der Kunde somit auf eine Retoure verzichten.

Den Verhinderungsmaßnahmen mit Kompensation stehen jene ohne Ausgleichszahlung gegenüber. Hierbei wird vom potenziellen Retourenempfänger versucht, den zeitlichen, finanziellen und/oder emotionalen Aufwand des Retourenversenders zu erhöhen. [9]

Die Maßnahmen der Retourenverhinderung ohne Kompensation können erneut in kundenorientierte, monetäre und ablauforientierte Instrumente untergliedert werden.

♦ Kundenorientierte Instrumente

Zu diesen Maßnahmen zählen unter anderem der Hinweis auf die ökologischen und sozialen Folgen von Retouren.

Mit ausdrücklichen Hinweisen auf die ökologischen Folgen von Retouren könnte an das Umweltbewusstsein der Nutzer appelliert werden, um so die Retourenbereitschaft der Kunden einzudämmen und beispielweise Auswahlsendungen zu reduzieren.

Auf die Konsequenzen kann auf der Website, im Checkoutprozess, in der Bestellbestätigung oder auch als extra Beilage im Paket hingewiesen werden.

♦ Monetäre Instrumente

Ein monetäres Instrument der Retourenverhinderung ohne Kompensation ist die Erhebung von Rücksendegebühren.

Die Verlagerung der Rücksendegebühren auf den Kunden führt einerseits dazu, dass der Online-Händler weniger Kosten für retournierte Bestellungen hat. Anderseits kann dies aber auch dazu führen, dass generell weniger Bestellungen eingehen.[10] Jeder Online-Shop muss also für sich selber abwägen, ob sich das Angebot einer kostenfreien Retoure lohnt oder nicht. Ein Nachdenken über eine mögliche Retoure scheint diese Methode auf jeden Fall beim Kunden auszulösen.

♦ Ablauforientierte Instrumente

Zu den ablauforientierten Instrumenten gehört unter anderem der Verzicht auf die Beigabe des Rücksendescheins zur Sendung.

Besonders Mittelständer nutzen dieses wirkungsvolle Instrument um die Anzahl der Retouren zu reduzieren. Dem Kunden wird somit der Retourenprozess erschwert, sodass er ggf. lieber auf die Rücksendung verzichtet, als sich die Mühe zu machen und sich über den Retourenprozess auf der Website zu informieren. Das Weglassen des Retourenscheins steht zwar in direkter Verbindung zur Kundenbequemlichkeit, dennoch entscheiden sich viele Unternehmen für diese Methode.[11]

 

Bewertung der Maßnahmen

Welches dieser Maßnahmen die größte Auswirkung auf das Retourenverhalten der Kunden hat zeigt eine Onlineumfrage von Walsh/Möhring [12] unter 247 deutschen Konsumenten. Gefragt wurde, welches Potenzial zur Senkung der Rücksendequote die Kunden den einzelnen Instrumenten zumessen.

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Quelle: michael-moehring.de

Auf einer Skala von 0 (entspricht keinerlei Potenzial zur Retourenreduktion) bis 1 (entspricht großem Potenzial) erreichten die Geld-zurück-Garantien lediglich einen Wert von 0,01. Ein größeres Potenzial bieten der Verzicht auf beiliegende Retourenscheine (0,24) und eine optimierte Logistik (0,53). Das Instrument, welches am meisten Erfolg verspricht sind laut dieser Umfrage die Produktbeschreibungen mit einer Ausprägung von 0,72.

Neben der Einschätzung wie hilfreich eine Maßnahme zur Retourenvermeidung ist, sollte zusätzlich auf die jeweilige Kunden- und Kostenorientierung der Instrumente eingegangen werden. Produktbewertungen beispielsweise weisen eine hohe Kundenorientierung bei gleichzeitig niedrigen Kosten auf.

Dennoch passt nicht jedes Instrument zu jedem Onlineshop. Die Retourenpolitik muss durch die Produkte und Kundengruppen bestimmt werden mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und ein kosten- sowie kundenorientiertes präventives Retourenmanagement einzuführen.[13]

 

 

Quellen:

[1] Vgl. Asdecker, Dr. Björn (2016): Statistiken Retouren Deutschland – Definition

[2] Vgl. Asdecker, Dr. Björn (2016): Präventives Retourenmanagement – Definition

[3] Vgl. Asdecker, Dr. Björn (2016): Retourenvermeidung – Definition

[4] Vgl. EHI Retail Institute (2015): Umfrage zu Maßnahmen von Online-Shops zur Senkung der Retourenquote 2015

[5] Vgl. Walsh, Prof. Dr. Gianfranco/Möhring, Michael (2015): Wider den Retourenwahnsinn

[6] Vgl. Sievers, Anne-Christin (2013): Angst um die Retoure

[7] Vgl Köhler, Alexander (2015): Retouren vermeiden –5 Tipps für Fashion-Händler

[8] Vgl. Asdecker, Dr. Björn (2014): Retourenmanagement im Versandhandel,

[9] Vgl. Asdecker, Dr. Björn (2016): Retourenverhinderung – Definition

[10]Vgl. Goethe Universität Frankfurt (2016): Über den Retourenkosten-Kalkulator,

[11] Vgl. Kolbrück, Olaf (2015): Retouren: Was Forscher raten – und wie sich Händler selbst helfen

[12] Vgl. Walsh, Prof. Dr. Gianfranco/Möhring, Michael (2015): Wider den Retourenwahnsinn

[13] Vgl. Walsh, Prof. Dr. Gianfranco/Möhring, Michael (2015): Wider den Retourenwahnsinn

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