Permission Marketing & Privacy Concerns

Das neue Datenschutzgesetz wirft wichtige Fragen für das Marketing auf: Wann geben User ihre Erlaubnis für personalisierte Werbung? Welche positiven und negativen Faktoren haben Einfluss auf die Entscheidung? 

Das Paper von Manfred Krafft, Christine M. Arden und Peter C. Verhoef „Permission Marketing and Privacy Concerns – Why do customers (not) grant permissions?” behandelt diese Fragen. In ihrer Studie identifizieren und untersuchen sie diverse Einflussfaktoren auf die Entscheidung. 

Durch das neue Datenschutzgesetz ist es nun nötig die Erlaubnis des Users für personalisierte Werbung einzuholen. Dies soll den Usern mehr Kontrolle über ihre Daten geben. Für Unternehmen bedeutet es aber, dass bis zum Einverständnis lediglich standardisierte Werbung ausgespielt werden darf. So fällt der Nutzen von individuellen Marketing Kampagnen aus und es kann nur weniger relevante Werbung ausgespielt werden. 

Als Lösungsansatz werden die Vorteile von Permission Marketing genutzt: Datenschutzbedenken der User senken, Gesetzesgrundlage erfüllen und trotzdem User individuell ansprechen. 

Im Zuge dieser Studie wurde der Wissensstand aus alten Studien erhoben, ein Kosten-Nutzen Framework mit den Einflussfaktoren erstellt, sowie eine Online-Umfrage durchgeführt. 

Der aktuelle Kenntnisstand besagt, dass User offener gegenüber Werbung sind, wenn sie aktiv ihre Erlaubnis dafür gegeben haben. Wodurch die Werbung dann auch effektiver wirken kann. Die Entscheidung für eine Erlaubnis treffen sie auf Basis einer Kosten-Nutzen Abwägung. Außerdem hat personalisierte Werbung eine höhere Response als standardisierte Werbung. Zusätzlich reduziert es die Datenschutzbedenken, wenn Usern mehr Kontrolle gegeben wird. 

Untersuchte Faktoren aus früheren Studien

Frühere Studien haben sich bis jetzt mehr auf die Nutzen- als auf die Kosten-Faktoren konzentriert. Das neu konzipierte Framework dieser Studie bezieht einen Großteil dieser Faktoren mit ein und untersucht diese zum ersten Mal zusammen. Das Modell trifft die Annahme, dass Kosten die Nutzen-Faktoren reduzieren können. Hier ist also der Fokus daraufgelegt, dass die Angst vor dem Verlust der Privatsphäre den positiven Effekt der unterschiedlichen Einflussfaktoren verringern kann (H9). Zusätzlich wurden einige Kontrollvariablen beachtet, wie Vertrauen, Einstellung gegenüber Direct Marketing oder soziodemografische Daten.

Kosten-Nutzen Framework der neuen Studie

Forschungsmethodik

Die Daten wurden mit Hilfe eines Online-Fragebogens via Research Now erfasst. Dafür wurde eine geschichtete Stichprobe erhoben, die den Querschnitt der deutschen Bevölkerung abbildet. Die Teilnehmer für die Umfrage wurden anschließend aus jeder Schicht nach dem Zufallsverfahren ausgewählt.

Nach einer kurzen Einführung in das Thema sollten sich die Umfrageteilnehmer dann an ihre letzte Permission-Situation erinnern, ihre Entscheidung angeben und weitere Fragen dazu beantworten. Nach einem Ausfiltern von mangelhaft ausgefüllten Fragebögen blieben von 1.858 noch 1.397 für die Auswertung übrig.

Die folgende Tabelle zeigt wie hoch die Wahrscheinlichkeit der Zustimmung für unterschiedliche Personengruppen oder Kommunikationskanäle ausfällt, und ob die Unterschiede jeweils signifikant sind, oder nicht.

Erste Erkenntnisse der Studie

Empirische Ergebnisse

Die Entscheidung, ob eine Genehmigung erteilt wird (ja = 1, nein = 0), wurde mit Hilfe einer binären logistischen Regression geschätzt. Dabei wurden schrittweise mehrere Modelle aufgestellt (A bis E) und mit jedem Schritt weitere unabhängige Variablen zum Modell hinzugefügt, um deren Einfluss zu analysieren.

Ergebnis: Die Trefferquote liegt bei rund 80% und steigt bei zunehmender Komplexität des Modells.

Die Werte der Chi-Quadrat-Statistik zeigen, dass das Hinzufügen eines weiteren Variablensatzes die Aussagegraft des Modells signifikant verbessert. Die steigenden  Werte sprechen für eine Verbesserung der Aussagekraft von Modell zu Modell. Jedoch ist der Unterschied von D auf E nicht mehr signifikant, was dafür spricht, dass das Hinzufügen der Soziodemografie hier keine Verbesserung der Aussagekraft mehr bewirkt hat. Die insgesamt hohe Konsistenz in den Werten spricht für eine Robustheit der Ergebnisse.

Ergebnisse von Modell A bis E

Die Tabelle zeigt sehr gut, welche unabhängige Variable einen wie starken positiven oder negativen Einfluss auf die abhängige Variable (Zustimmung oder Ablehnung) hat, und ob dieser signifikant ist.

So lässt sich zum Beispiel feststellen, dass „personal relevance“ eine signifikante starke positive Wirkung (0.894**)  auf die abhängige Variable hat. „Privacy concerns“ hingegen haben eine signifikante starke negative Wirkung (-0.691**) auf die abhängige Variable. Bei den Nutzen-, Kosten- und Interaktionsvariablen konnte häufig eine signifikante Wirkung festgestellt werden. Bei den Kontrollvariablen war dies weniger der Fall.

Um sowohl die Direkt- als auch die Interaktionseffekte besser zu verstehen, wurden diese zusätzlich in einer weiteren Grafik dargestellt. Diese zeigt für die signifikanten Variablen, wie sich die Werte der vorhergesagten Wahrscheinlichkeit eine Erlaubnis zu erteilen verändern, wenn die konkrete Variable um eine Standardabweichung gesenkt (LO) oder erhöht (HI) wird, unter der Bedingung, dass die restlichen Variablen auf ihren Mittelwerten gehalten werden.

Das Basisszenario, bei dem alle Variablen auf ihren Mittelwert gesetzt werden, geht von einer Wahrscheinlichkeit von 71,9% für die Erteilung der Genehmigung aus. Die Abbildung zeigt, dass die Auswirkungen bei den Nutzen- und Kosten-Variablen deutlich ausgeprägter sind, als bei den Interaktionseffekten und Kontrollvariablen.

Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass besonders persönliche Relevanz, Unterhaltung und Kontrolle der Verbraucherinformationen eine positive Wirkung auf die Wahrscheinlichkeit der Genehmigung haben. Ausgeprägte Registrierungskosten, Datenschutzbedenken und erwartete Aufdringlichkeit wirken sich hingegen deutlich negativ aus.

Keine Wirkung wurde bei den monetären Anreizen und dem Angebot zur Teilnahme an einer Lotterie festgestellt. Da Coupons, Rabatte oder Gewinnspiele jedoch häufig in der Praxis zum Einsatz kommen, rät die Studie von kostspieligen Incentive-Kampagnen, um Berechtigungen zu erkaufen, ab. Stattdessen wird ein Fokus auf relevante und interessante oder unterhaltsame Inhalte empfohlen.

Einschränkungen und zukünftige Forschung

Trotz der repräsentativen empirischen Daten hat die Studie ihre Grenzen, so wurde sie zum Beispiel nur in Deutschland durchgeführt. Aufgrund der ausgeprägten Datenschutzbedenken in diesem Markt sind für eine internationale Betrachtung des Themas Untersuchungen in weiteren Ländern zu empfehlen, da diese zu anderen Ergebnissen kommen könnten.

Des weiteren nennt die Studie noch eine Vielzahl von Möglichkeiten zur weiteren Ergänzung und Optimierung ihres Modells und wirft interessante Fragen für die zukünftige Forschung auf. So könnten zum Beispiel noch soziale und zeitliche Nutzen- und Kosten-Variablen ergänzt werden und neben Umfragen auch Feldstudien durchgeführt werden.

Interessante Fragen für zukünftige Forschungen:

  • Welche Arten von Permission-Kampagnen bringen langfristig den höchsten CLV?
  • Welche nutzen- oder kostenbezogenen Treiber sind mit dem Opt-out-Verhalten verbunden?

Bei tieferem Interesse am Permission Marketing lohnt sich ein Blick in die Studie, welche unter folgendem Link vorzufinden ist: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1094996817300191

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